Rezension

Vorsicht giftig!

Blütenschatten -

Blütenschatten
von Annalena McAfee

Bewertet mit 3.5 Sternen

Inhalt:

Eine Frau spaziert in der Nacht allein durch London und rekapituliert ihr Leben. Es ist Eve Laing, 60 Jahre alt, Malerin von hyperrealistischen Blumenbildern. Sie hat vor wenigen Monaten ihren Ehemann, einen Stararchitekten, für einen Mann verlassen, der nur halb so alt ist wie sie. 

Eve hat ihr Leben lang um Aufmerksamkeit für sich und ihre Kunst gekämpft. In dem jungen Luka glaubt sie gefunden zu haben, wonach sie so lange gesucht hat, und rechnet nun schonungslos zynisch mit denjenigen ab, die ihr im Leben Unrecht getan haben. Sie flieht vor ihnen und bewegt sich gleichzeitig auf etwas zu, das sie nicht hat kommen sehen.

Meine Meinung:

„Blütenschatten“ von Annalena McAfee ist eines der anspruchsvollsten Bücher, die ich je gelesen habe. 

Das liegt zum einen an der Sprache, die ziemlich gehoben ist und teilweise vor kunst- und kulturwissenschaftlichen Verweisen nur so strotzt. Da bin ich teilweise an meine Grenzen gestoßen. Zum anderen liegt es auch am Inhalt, mit dem ich mir nicht immer leicht getan habe.

Ich versuche im Moment beim Lesen vermehrt über meinen Tellerrand zu schauen und ich wollte unbedingt mehr Bücher kennenlernen, die moralisch fragwürdige Personen - insbesondere Frauen - in den Fokus rücken. 

Eve ist tatsächlich eine sehr fragwürdige Protagonistin. Mir persönlich war sie durchgängig unsympathisch und ich habe mich auf ihre Weltanschauung bzw. Ihre Handlungen nur schwer einlassen können. Das lag nicht daran, dass sie dem gängigen Rollenbild einer Frau widerspricht, sondern an der Art und Weise, auf die sie es tut. Ich würde sie als egozentrisch, unreflektiert und selbstherrlich bezeichnen. Trotzdem hat sie mir manchmal leid getan. Mit Sicherheit ist dieser Zwiespalt zwischen Mitleid und Abgestoßensein von der Autorin so gewollt gewesen. Es hat mich tatsächlich fasziniert!

Wirklich sehr gestört hat mich dagegen, dass der Plot so konstruiert wurde, dass eine Figur, die eigentlich kaum eine Rolle spielt, von Eve für ihre sexuelle Orientierung/ geschlechtliche Identität diskriminiert wird. Das hätte die Geschichte in meinen Augen nicht nötig gehabt!

Generell lässt sich also sagen, dass das Buch und seine Protagonistin polarisiert. Ich konnte es trotzdem in der zweiten Hälfte nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe mich wahnsinnig über die Geschichte, ihr Konstrukt, die handlungstragenden Personen aufgeregt und wollte gleichzeitig unbedingt wissen wie es weitergeht.

Eve arbeitet im Buch an einer Ausstellung mit Kunstwerken, die extrem giftige Pflanzen zeigen. Die metaphorischen Verbindung zwischen ihrer Malerei und der Handlung der Geschichte haben mir äußerst gut gefallen. Das Buch ist überhaupt sehr genau durchdacht. Jedes Ereignis hat einen doppelten Boden und die Auflösung der Geschehnisse, das Ineinandergreifen der einzelnen Handlungsstränge ist wirklich gut gemacht. Das Ende hat mich, wie schon vieles zuvor, schockiert. Dennoch habe ich es als sehr spannend empfunden.

Fazit:

Ich habe mich oft gefragt, was das Buch mir eigentlich sagen möchte. Anfangs bin ich davon ausgegangen, ich hätte einen feministischen Roman in der Hand. Aber so habe ich persönlich die Geschichte nicht gelesen. Für mich ist „Blütenschatten“ eine aufwühlende Erzählung über eine Frau, die sich durch eine tragische Mischung aus falschen Handlungen und schlechtem Charakter, selbst ins Verderben stürzt. Sie macht sich die Menschen in ihrem Leben der Reihe nach zu Feinden und erntet das Ergebnis. „Blütenschatten“ ist aufwühlend und kontrovers.