Rezension

In den Grundfesten erschüttert

Erschütterung -

Erschütterung
von Percival Everett

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zack Wells ist Paläontologe und lehrt an der Universität. Er ist mit Meg verheirate, das Ehepaar hat eine zwölfjährige Tochter, Sarah. Die Paarbeziehung hat sich auseinandergelebt. Obwohl Zack eher ein griesgrämiger Eigenbrötler ist, hat er einen besonderen Draht zu seiner Tochter. Doch dann häufen sich zunächst kleine Vorkommnisse, Sarah wirkt unaufmerksam, vergesslich, sie beginnt schlecht zu sehen. Die Diagnose Batten-Syndrom erschüttert Zachs Grundfesten. Sarah wird immer mehr in ein dementes Stadium entschwinden und nie das Erwachsenenalter erreichen.

Zeitgleich mit Sarahs ersten Krankheitssymptomen passiert Zack noch etwas Seltsames: Eingenäht in einem aus zweiter Hand erstandenem Kleidungsstück findet er einen handgeschriebenen Zettel mit einem Hilferuf. Bei seinen Recherchen stößt er auf verbrecherische Machenschaften, entführte mexikanische Frauen, die als Arbeitssklavinnen gehalten werden.

„Ich hatte eine Familie, Frau und Tochter, Meg und Sarah.“

Der US-amerikanische Schriftsteller Percival Everett zeigt in seinem Roman Erschütterung einen Mann, dessen Welt durch ein unaufhaltsames und unabänderliches Ereignis vollkommen verändert wird. Mit dem Wissen, dass die Tochter unheilbar erkrankt ist, macht sich ein Mann auf, hinaus aus seiner ganz eigenen Komfortzone, hinaus aus seiner akademischen Nische. Er weicht der Wirklichkeit aus. Die eigene familiäre Tragödie und die damit verbundene Verzweiflung und Hilflosigkeit stößt in ihm etwas an, sich für die Rettung der entführten Arbeiterinnen zu engagieren.

Das Buch ist kunstvoll erzählt, die Abschnitte oft unterbrochen mit Wissenssplittern zu paläontologischen Funden, Schachzügen, Zeilen aus den Kindertotenliedern. Vielschichtig, tiefgehend, beeindruckend, völlig ohne Pathos und zum Ende hin unglaublich spannend.