Rezension

In Zeiten des Wandels

Zwischen zwei Welten -

Zwischen zwei Welten
von Izabelle Jardin

Bewertet mit 5 Sternen

„...Da war das Konzert der Froschmännchen am Teich, der nur ein paar Schritte vom Haus entfernt lag. Da sirrte irgendwo im Zimmer eine Mückendame auf Suche nach einer Mahlzeit...“

 

Es klingt wie ein idyllische Sommerabend im Juni des Jahres 1844 in Schlesien. Dann aber reagiert Fides, Elises Hündin, auf ein Ereignis vor dem Haus. Elise glaubt in der Ferne Glühwürmchen zu sehen, bis sie erkennt, dass es Menschen mit Fackeln sind. In dieser Nacht wacht die 16jährige Elise aus ihren Mädchenträumen auf. Sie sterben im Kugelhagel der Gendarmerie.

Die Autorin hat einen spannenden und gut recherchierten historischen Roman geschrieben.

Der Schriftstil ist ausgereift. Er bringt die Spannungen der Zeit, aber auch die Veränderungen, die in der Luft liegen, gut auf den Punkt.

Theodor von Achenthal ist Tuchfabrikant. In seiner Familie hat er allein das Sagen. Doch seit jener denkwürdigen Nacht, in der die Weber vor der Villa auftauchten ist er verschwunden. Selbst Elise hatte schon sien Wesen erkannt:

 

„...Da war einer, der niemals das Heft aus der Hand geben würde, der sich nicht dreinreden ließ. Keinen Vorschlag, egal, wie sinnvoll er womöglich sein mochte, wie sachlich und höflich er vorgetragen wurde, auch nur einer näheren Betrachtung für würdig erachtet hätte...“

 

Die Personen werden gut charakterisiert. Elises Vater kümmert sich nun um die Fabrik. Mit weiteren Gleichgesinnten sucht er nach Wegen, das Los der Weber zu verbessern. Das Problem aber ist nicht so einfach. Schlesien ist nicht mehr konkurrenzfähig, seitdem man in England die Weberei zunehmend mechanisiert hat.

Als Elise die junge Marie nach einer Vergewaltigung in ihre Hütte begleitet, sieht sie die Not der Weber mit eigenen Augen. Schon in der Nacht des Aufruhrs waren ihr die traurigen Augen d3r Weber aufgefallen. Elise hat ein feines Gespür für andere. Sie würde ihren Vater gern zur Seite stehen. Der bezieht seine Tochter in die neuen Gedanken ein. Sie führen inhaltsreiche Gespräche.

 

„...Sie waren alle so elend, sahen so hungrig aus, so entsetzlich unglücklich und hoffnungslos. Ds muss anders werden, es sind doch unsere Leute, da sind wir verantwortlich!...“

 

Elises Mutter ist Französin. Unter der Fuchtel des Großvaters wirkte sie teilnahmslos. Als sie nun selbst die Initiative ergreift und sich überlegt, welche Möglichkeiten sie hat, die Weber zu unterstützen, blüht sie plötzlich auf. Es zeigt sich, dass sie vor Energie sprühen kann.

Der Rückblick auf einen Besuch in Frankreich zeigt, aus welchen Verhältnissen die Mutter stammt. Reich wäre untertrieben.

Konrad von Radenau geht schon länger neue Wege. Zwischen ihm und Elise entwickeln sich zarte Bande. Doch dann ändert eine Reise nach England manches.

Hier wird deutlich, dass auch die Maschinenfabrikation sind das Schlaraffenland für die Arbeiter ist. Es geht ihnen aber trotzdem besser als in Schlesien.

Ab und an werden in der Geschichte historische Personen erwähnt, sei es Alexander Dumas oder Karl Marx.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Trotz der ernstes Thematik durchzieht manche Stellen ein feiner Humor. Außerdem habe ich Etliches über Sitten und Bräuche in Schlesien gelernt. Ich freue mich auf die Fortsetzung!