Rezension

Interessante Story, sehr distanziert geschrieben

Erinnerung an einen schmutzigen Engel - Henning Mankell

Erinnerung an einen schmutzigen Engel
von Henning Mankell

Bewertet mit 4 Sternen

Hanna lebt in Nordschweden in tiefster Armut, 1903, in einem besonders schlimmen Winter schickt ihre Mutter sie in den Süden, zu Verwandten, da nicht mehr genug für die ganze Familie da ist und Hanna so die Chance auf ein besseres Leben erhält. Doch von der Familie ist niemand mehr da. Hanna erhält eine Anstellung als Magd und heuert später auf einem Schiff Richtung Australien als Köchin an. Sie verliebt sich in einen der Steuermänner, heiratet ihn und wird schnell wieder Witwe. Sie verlässt das Schiff in Mosambique und wird schließlich Besitzerin eines Bordells.

Henning Mankell hat hier eine fiktive Geschichte um einen wahren Kern geschrieben. Anfang des 20. Jhdt. war eine schwedische Bordellbesitzerin der größte Steuerzahler in der Hafenstadt, in der Hanna strandet. Da man über diese Frau sonst nichts weiß, konnte Mankell seiner Fantasie freien Lauf lassen.

Die Geschichte wird in einer sehr distanzierten Sprache erzählt und zwar aus Hannas Sicht. Durch die sprachliche Distanz zum Geschehen wird eine Objektivität ermöglicht, die sonst hätte erreicht werden können. Mankell, der selbst auch in Mosambique lebt, kennt das Land und hat sich auch mit seiner Geschichte beschäftigt. Die Rassentrennung, der Rassismus, die unterschiedlichen Lebens- und Denkweisen der schwarzen und der weißen Bevölkerung des Landes kommen hier zum Tragen und werden durch Hanna kritisch gebrochen. Es gelingt ihr nicht immer, sich davon zu distanzieren, doch sie bemerkt durchaus, dass da manches im Argen liegt.

Leider lässt die distanzierte Sprache aber auch nicht zu, mit Hanna (oder auch mit anderen Charakteren) wirklich warm zu werden. Einige Handlungsweisen bleiben nicht nachvollziehbar, einige Handlungsstränge unverständlich. Letztendlich ist es aber ein Buch, das sehr zum Nachdenken anregt und einiges an Diskussionsstoff bietet. Mich hat kurioserweise besonders das offene Ende mit einigen Schwachstellen des Buches versöhnt, sonst mag ich so etwas eigentlich nicht so gerne, hier aber lässt es mir selbst die Möglichkeit, Hannas Leben weiter zu denken.