Rezension

Jahre wie diese

Jahre wie diese - Sadie Jones

Jahre wie diese
von Sadie Jones

Bewertet mit 4 Sternen

Sadie Jones schreibt in ihrem Roman „Jahre wie diese“ über vier junge Menschen, die durch ihre Kindheit geprägt, versuchen im Erwachsenwerden die Schatten ihrer Vergangenheit abzustreifen und ihren Platz im Leben, in der Liebe und in der Kunst zu finden. Die Geschichte dreht sich um Luke, der auf der Suche nach allem, das auch nur halb soviel Energie hat wie er selbst, der englischen Kleinstadt in der er aufgewachsen ist, seinem alkoholkranken Vater und seiner in einer Anstalt lebenden Mutter den Rücken zuwendet und nach London aufbricht. Dort lernt er Paul und dessen Freundin Leigh kennen. Die drei werden zu einem „Wir“, indem Luke zum ersten Mal eine Heimat und das Gefühl des Geborgenseins findet. Das Trio gründet eine Theaterkompagnie, die erste Erfolge feiert. Durch die Sicherheit und die Ermutigung, die sich die Freunde untereinander geben, beginnen sie langsam ihre Träume zu leben. Paul, der immer schon Produzent sein wollte und Luke, der seine brillanten Stücke zum ersten Mal jemandem zeigt. Doch dann lernt Luke die labile Schauspielerin Nina kennen und droht in dem Versuch diese zu retten sich selbst und alles was er liebt zu verlieren. 

Eine Geschichte die sich den zwischenmenschlichen Beziehungen in ihren unterschiedlichsten Erscheinungsformen widmet. Man könnte diesen Roman wieder und wieder lesen, nur um sich beim erneuten Lesen auf ein anderes Beziehungsgeflecht zu konzentrieren. 

Sadie Jones schreibt wie keine andere über Gefühle und die Verletzlichkeit, die diese mit sich bringen. Ganz fein, ganz zerbrechlich, ganz ruhig ist ihr Stil! Sadie Jones braucht keinen Trommelwirbel, kein Donnergeröll um sich der Aufmerksamkeit ihrer Leser zu versichern. Allein durch ihre unvergleichliche Art der Charakterzeichnung schlägt sie einen in den Bann. 

Der Roman besticht durch seine Sprache und seinen Stil. Sadie Jones kreiert Sätze von fesselnder Schönheit, die sich dem Leser wie einzelne Kunstwerke präsentieren. Auf den ersten Blick erscheinen sie so unschuldig, aber erzeugen eine Wucht, die dazu führt, dass man das Buch zur Seite legen, einmal schlucken und diesem Gefühl in sich nachhorchen muss. Wie macht diese Frau das nur?! Sie geht direkt unter die Haut, sendet ihre literarischen Ergüsse wie kleine kribbelnde Stromschläge durch den Körper, nimmt einen komplett für sich ein.

Gleichzeitig gelingt es ihr eine Liebeserklärung an das London der 70er Jahre und die Welt des Theaters zu schreiben! Es schwingt eine Bewunderung für all die „Erschaffer“ mit, die leben, leiden, arbeiten, entbehren, sich selbst aufgeben und opfern, um zu erschaffen (Stücke, Rollen, Bühnenbilder). Die alles von sich preis geben, um am Ende nackt und verletzlich vor der starren Wand aus Zuschauern und Kritikern zu stehen! 

Im Theater würde ich an dieser Stelle Standig Ovations geben!