Rezension

Letztendlich ist dieses Buch nicht notwendig gewesen

Letztendlich geht es nur um dich - David Levithan

Letztendlich geht es nur um dich
von David Levithan

Leider nur ein Schatten des ersten Buches!

Eine Seele, die jeden Tag in einem anderen Körper aufwacht, mal in dem eines Mädchens, mal in dem eines Jungen; aber immer sind es nur 24 Stunden, die dieses Wesen im Leben eines anderen Menschen verbringen darf, bevor es wieder hinaus und in ein anderes hinein geworfen wird. Geniale Idee! Das Buch dazu heißt „Letztendlich sind wir dem Universum egal“, erschien 2014 beim Fischer Verlag und hat mir seinerzeit unheimlich gut gefallen.
Habt Ihr es gelesen? Könnt Ihr Euch erinnern? Die Geschichte endete seltsam offen, womit ich leben konnte, weil mir ohnehin die Symbolik hinter der primären Handlung wichtig erschien.
Jetzt aber gibt es mit „Letztendlich geht es nur um dich“ tatsächlich einen zweiten Band. Während es im „Universum“ noch um As Erlebnisse ging, der sich in Rhiannon verliebt und versucht, über diese völlig verrückte Situation des ständigen Körperwechsels hinweg eine Beziehung zu ihr aufzubauen, darf nun Rhiannon erzählen, wie das alles für sie ist. Ein Perspektivwechsel auf den ich mich nicht nur sehr gefreut, sondern von dem ich heimlich auch ein geschlossenes Ende erwartet hatte.

Rhiannon ist – erinnert Euch - mit Justin zusammen, was so ziemlich das Gegenteil einer glücklichen Beziehung ist. Eigentlich sind sie nur ein Paar, weil sie irgendwann einmal zusammengekommen sind. Verbindendes gibt es zwischen den beiden kaum. Eines Tages landet A im Körper von Justin und Rhiannon ist völlig hin und weg von ihrem plötzlich so zärtlichen, einfühlsamen Freund. Dann erfährt sie, wer an diesem Tag wirklich in Justin steckte und lässt sich nach und nach auf eine verwirrende Nähe zu A ein.
Aber reicht dies auch für eine Beziehung mit A, der sich nichts sehnlicher wünscht als genau das?

Es hat eine Weile gedauert, bis ich wieder in die Geschichte hineingefunden habe. Vieles musste ich mühsam aus meinem Gedächtnis fischen, anderes kam mir spontan beim Lesen wieder in den Sinn. Deshalb kann ich empfehlen, vor der Lektüre noch einmal einen Blick in den ersten Teil zu werfen. Man kann das Buch möglicherweise auch ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen, sollte es aber nicht. Denn wenn man schon die Wahl zwischen zwei Büchern hat, sollte man zum besseren greifen und das ist in meinem Augen „Letztendlich sind wir dem Universum egal“.
Alle Ereignisse, die A mit Rhiannon gemeinsam erlebt hat, finden sich nämlich auch im Nachfolger. Eine Inhaltsangabe ist nahezu überflüssig. Die Dialoge gibt es 1:1 und nur in der Zeit zwischen den Begegnungen von A und Rhiannon erfährt der Leser wirklich Neues. Oder auch nicht. Denn genau dieses Neuland konnte der Autor meiner Ansicht nicht interessant genug gestalten. Der Gewinn an Information winzig.
Die Gefühle von Rhiannon konnte ich im ersten Band bereits gut nachvollziehen, weil man sich unweigerlich fragt, wie man selbst in so einer Situation reagieren würde und genau solche Gedankenspiele den Reiz der Geschichte ausmachen: Was ist eigentlich Liebe? Wie sehr ist Liebe an die äußere Hülle eines Menschen gebunden? Ist es möglich, die reine, geschlechtslose Seele eines Wesens zu lieben? Ist die Seele im Grunde geschlechtslos?

Man hat also alles schon einmal für sich durchgespielt. Noch dazu wurde man dabei sehr viel abwechslungsreicher an die Hand genommen, da man bei A war und jeden Tag gemeinsam mit ihm in einem anderen Körper. Nun ist man bei Rhiannon, einem normalen Teenager mit ihrem unglaublichen Langweiler von Freund und muss verstehen, warum Rhiannon nicht einfach Schluss macht. Darüber lohnt es vielleicht kurz nachzudenken, nicht aber ein ganzes Buch lang. Zumal es keine Erklärung dafür gibt. Rhiannon hängt einfach fest.
Was fehlt, sind neue, emotionale Momente. Rhiannon hat der hochspannenden Perspektive von A leider sehr wenig entgegenzusetzen.
Das Buch ist gut geschrieben, ja. Man bekommt als Leser einen spürbaren Eindruck, welche Zweifel Rhiannon plagen und wie zerrissen sie ist – sowohl in Bezug auf Justin, als natürlich auch auf A, dessen Geschlechtslosigkeit Rhiannon gerade noch akzeptieren kann, dessen/deren Existenzform aber einer beständigen Partnerschaft vollkommen zuwiderläuft.

Das Problem ist, dass einem nach einer Weile alles bekannt vorkommt und sich viele Gedanken wiederholen. Ich habe mir daher irgendwann keine allzu großen Hoffnungen mehr auf ein spektakuläres Ende gemacht.
Tja, und dann kam der Knaller: Die letzten Zeilen! Jetzt frage ich mich unweigerlich: Hätte man nicht genau damit einsteigen können? Aber ich will nichts verraten und deshalb mache ich hier Schluss.

Was bleibt, ist das Gefühl ein und dieselbe Geschichte noch einmal in „weniger gut“ gelesen zu haben und die gemeine Hoffnung auf einen dritten Band, den ich – sollte er tatsächlich erscheinen – trotzdem auf jeden Fall lesen würde. Dieses Buch aber kann man getrost auslassen!

Einen Stern für den Schreibstil und noch einen Stern für den hervorragenden Schreibstil! ;-)