Rezension

Mehr als eine Liebesgeschichte

Lotte Lenya und das Lied des Lebens -

Lotte Lenya und das Lied des Lebens
von Eva Neiss

Bewertet mit 5 Sternen

Wer einmal gehört hat, wie Lotte Lenya die „Seeräuber Jenny“ oder „Surabaya Johnny“ singt, wird das für immer mit ihrer einzigartigen Stimme verbinden und nie mehr einer anderen Version lauschen wollen. In ihrem Roman „Lotte Lenya und das Lied des Lebens“ erzählt die Autorin Eva Neiss die Geschichte dieser ungewöhnlichen Frau. Eingerahmt wird die Handlung von einem Prolog und Epilog, der im Jahr 1955 spielt und in welchem Lotte Lenya Bertolt Brecht noch einmal in Berlin besucht. Dazwischen wird im Präsens und personaler Erzählweise die Vergangenheit geschildert – beginnend in den 20er Jahren und mit einem Ereignis, das Lottes Leben für immer verändern sollte: die Begegnung mit dem Komponisten Kurt Weill.

Es ist unglaublich spannend zu lesen, wie die als Karoline Wilhelmine Charlotte Blamauer geborene junge Frau ihrem gewalttätigen Vater entflieht und sich als Schauspielerin Lotte Lenja (später dann auch Lenya geschrieben) neu erfindet. An Weills Seite gelingt ihr der künstlerische Durchbruch und sie lernt das Kollektiv rund um den Dramatiker Bertolt Brecht kennen. Vor allem das Kapitel zum Premierenabend der „Dreigroschenoper“ liest sich so herrlich lebendig, dass man sich wünscht, man hätte damals live dabei sein können.

„Lotte Lenya und das Lied des Lebens“ fokussiert sich zwar stark auf Lottes Zeit mit Kurt Weill und deren wechselhafter Beziehung, ist aber deutlich mehr als ein schnulziger Liebesroman. Man merkt sofort, wie viel Recherchearbeit hinter der Handlung steckt und wie viel Begeisterung für Lotte Lenya selbst. Der Roman wird definitiv von seiner starken Protagonistin getragen und ist ein gelungenes Zeitporträt. Lotte präsentiert sich einerseits als mutige Frau mit modernen Ansichten, auf der anderen Seite aber auch als verletzliches Mädchen, das sich wünscht, von allen geliebt zu werden.

Ich habe das Buch in einer Leserunde mit der Autorin gelesen und so noch mehr über den Entstehungsprozess und die Hintergründe der Handlung erfahren dürfen. Wenn es etwas zu kritisieren gäbe, dann die Tatsache, dass ich gerne noch viel mehr über Lottes Leben und Werk gelesen hätte.