Rezension

Mehr Trivi geht kaum

Die Schwestern von Sherwood - Claire Winter

Die Schwestern von Sherwood
von Claire Winter

Bewertet mit 2 Sternen

Wirklich, ich lese auch Trivialliteratur, z.B. Jojo Moyes. Doch im Vergleich lächle ich bei Jojo milde, während ich mich bei Claire Winter nur geärgert habe: der tausendste Abklatsch vom Herrenhausdrama. Und sie konnte mich nicht einmal durch die Sprache gewinnen. Jojo Moyes (und andere) geben sich wenigstens ein bisschen Mühe, einen eigenen Stil zu entwickeln. Darum gebührt Trivi diesmal ganz bestimmt, was Trivi gebührt: ein Minimum an Punkten. Und hätte ich den Roman nicht sowie so schon in die Kategorie "ganz seichte Unterhaltung" eingeordnet, gäbe es gar keinen Punkt. Aber ich will ja mal nicht so sein.

Der Roman „Die Schwestern von Sherwood“ ist ordinäre Trivialliteratur. Von der langweiligen Sorte. Sehr ausgelutschte Herrenhausgeschichte. Natürlich kann die Autorin eine Story halten und sie kann einen Plot konstruieren, der vom Anfang zum Ende führt und sogar einige Überraschungen parat hält, doch sowohl formal wie inhaltlich bietet sie nichts Eigenes, nichts, was nicht schon tausendmal da gewesen wäre, nichts, was nicht schon xmal gesagt worden wäre. Bei den Überraschungen bedient sie sich ebenfalls reichlich aus der Klischeekiste.

Man könnte an diesem Roman eine wunderbare Studie darüber durchführen, wie man Kitsch und Trivi erkennt. Formal ist die Autorin unoriginell und benutzt Standardformulierungen (der Trivi) mit häufigen Wiederholungen und Übertreibungen, die Prots sind aufgewühlt wegen jedem Scheiß, so dass ich um ihre emotionale Stabilität bitter bange. Inhaltlich wird der übliche Herrenhausabklatsch aufgetan, unwissende Erbin kommt dem Geheimnis ihrer Herkunft auf die Spur. Das Ganze wird ein bisschen garniert mit Petersilie des Nachkriegsdeutschlands, dem spukigen Dartmoor, finsteren Gesellen, die der Heldin ans Leder wollen, einem Retter, der ganz kurz verdächtigt wird, übel zu wollen und wenigstens ein Zipfelchen Kreativität besteht in einer gehörlosen Ahnin. Der aber wiederum vorhersehbar übel mitgespielt wird. Verbotene Liebe, Standesdünkel, Emporkömmlinge, Schwangerschaft, Intrigen, alles da. Es ist nichts ausgelassen. Habe ich Schwarz-Weiß-Malerei vergessen? Vorbild der Herrenhausliteratur dürfte wohl Daphne du Mauriers „Rebecca“ auf Manderley sein.

Ich habe mich gewundert, wie der Roman auf meine Leseliste kam. Fünf-Sterne-Wertungen auf Buchblogs und Buchsides sind, wie man sieht, keine Garantie für ein wertvolles Buch.

Fazit: Zeitverschwendung.

Kategorie: L(s)eichte Unterhaltung
Dianaverlag, 2013

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 02. März 2016 um 00:42

So unterschiedlich sind Lesegustos.... Ich sehe die Beurteilung dieses Romans völlig anders und keinesfalls in der Reihe 'seichte Literatur'.... - und Claire Winter (eigentlich Claudia Ziegler im Histo-Genre und O-Namen) gehört zu meinen Lieblingsschriftstellerinnen (wobei ich seichte Literatur auch genauso wenig mag wie Du....

so unterschiedlich.... 

Naibenak kommentierte am 02. März 2016 um 08:48

Oh das ist ja interessant! 2 Leseratten, die seichte Literatur gar nicht mögen, kommen zu völlig gegensätzlichen Meinungen... scheint ja irgendwie doch ein interessantes Buch zu sein ;) Nach deiner Rezi aber, Wanda, nehme ich Abstand. Da bleib ich doch echt lieber meiner Jane Eyre treu und lese sie ggf ein weiteres Mal ;) Danke für die Warnung!

Steve Kaminski kommentierte am 05. März 2016 um 11:49

Hmm, Deine Rezension ist wohl vergnüglicher zu lesen als das Buch...

wandagreen kommentierte am 08. August 2016 um 00:02

Claire Winter ist ganz sicherlich seichte Literatur.