Rezension

Mythos Sisi

Sisi - Kaiserin wider Willen -

Sisi - Kaiserin wider Willen
von Allison Pataki

Bewertet mit 4 Sternen

„Wir müssen das Leben annehmen, das man uns zuweist. Und es führen, wie es sich ziemt.“

„Sisi – Kaiserin wider Willen“ ist ein historischer Roman von Allison Pataki. Er erschien im Dezember 2021 im Aufbau Verlag und gehört zu der Romanreihe „Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe“.
Sisi wird mit 16 Jahren Kaiserin von Österreich. Zwar ist die Heirat eine Liebesheirat, dennoch ist es nicht leicht so jung eine solche Position zu bekleiden. Sisi ist zudem nicht auf das Leben bei Hof vorbereitet und muss so nicht nur das dortige Leben kennenlernen, sondern auch schnellstmöglich ihrer neuen Rolle gerecht werden…

Tatsächlich muss ich zugeben, dass ich mich vor der Lektüre dieses Romans noch nie mit Kaiserin Sisi auseinandergesetzt habe. Natürlich habe ich schonmal von ihr gehört, aber niemals den bekannten Film mit Romy Schneider oder etwas anderes gesehen oder gehört. Entsprechend unbefangen bin ich in den Roman gestartet und war recht bald davon gefesselt. Die Autorin schafft es schon auf den ersten Seiten den Leser in Sisis Leben hineinzuziehen und mit ihr mitzufühlen.
Man lernt die junge Kaiserin kennen, als sie Franz Joseph, dem Kaiser von Österreich, das erste Mal seit Kindertagen begegnet. Deutlich wird schnell, dass Sisi eine unkonventionelle Kindheit hatte und eher ein Dorfmädchen, denn eine Hofdame ist. Anstatt zu sticken oder artig zu lernen, ist sie lieber in der Natur: reiten, angeln, bergsteigen. Das ist ihr Metier. Dennoch verliebt sie sich schnell in Franz Joseph und auch er kann die Gefühle zu seiner jungen Cousine nicht verbergen. Entgegen aller Widerstände von Seiten ihrer Familie setzen sie die Hochzeit durch. Eine Liebeshochzeit, besser kann es ja eigentlich nicht kommen, könnte man zumindest denken…
Das junge Paar ist jedoch nicht in der Position, ihr Leben so zu leben, wie gerade Sisi es sich wünscht. Dominiert von ihrer Schwiegermutter, den Regeln am Hof und den Regierungsangelegenheiten bleibt nicht viel Zeit für Zweisamkeit. Sisi muss sich sehr einschränken und kämpft ab sofort ein Leben lang gegen die auferlegten Zwänge an. Später beginnt es dann leider auch in der Ehe zu kriseln und mehr und muss Sisi dafür kämpfen, sich selbst nicht zu verlieren.
Ich habe sehr schnell mit dem Schicksal des jungen Mädchens gelitten. Letztendlich war sie auf ihre Rolle nicht vorbereitet und erhielt lediglich einen Crashkurs einige Monate bevor die Hochzeit schließlich stattfand. Zudem musste sie im Grunde alle ihre Leidenschaften aufgeben und sich vollständig den Regeln des Hofes beugen. Eine große Last lag auf jungen und unwissenden Schultern. Dass diese Sisi fast erdrückt hätte, ist nur allzu leicht vorstellbar. Erst mit zunehmendem Alter lernte sie mit ihrer Rolle umzugehen, hatte aber stets Probleme mit sich selbst und ihrer Position. Der Roman stellt ihren Lebensweg lediglich bis 1867 dar, es folgen aber weitere turbulente Jahre der Kaiserin.
Die personale Erzählperspektive aus Sisis Sicht lässt einen ihre Gefühle und Gedanken gut nachvollziehen und transportiert Sympathien und Antipathien Sisis brillant. Der Schreibstil insgesamt ist sehr flüssig und mitreißend, lediglich die eingebauten Zwischenkapiteln in Form von Tagebucheinträgen oder ähnlichem sind irritierend und für mich nicht logisch mit der Geschichte verknüpft. Teilweise geben sie zu einem frühen Zeitpunkt der Geschichte bereits zukünftige Ereignisse wieder und passen für mich chronologisch nicht in den Erzählfluss. Im Gegenteil unterbrechen sie ihn leider sogar.
Der reale historische Kontext im Roman weicht zum Teil von realen Begebenheiten ab. So ist man sich zum Beispiel heutzutage relativ sicher, dass Sisis Schwester Helene nicht als Braut von Franz Joseph vorgesehen war, wie es im Roman beschrieben wird. Allerdings gibt es insgesamt keinen eindeutigen Beleg dafür, weswegen die Schwestern 1953 mit ihrer Mutter an den kaiserlichen Hof gereist sind. Demnach sind alle dazu aufgestellten Thesen eher Mutmaßungen. Diese ranken sich allgemein um das Leben von Sisi, welche als wunderschöne und unkonventionelle Braut großes Interesse auf sich zieht. Letztendlich kann wohl niemand 100 %ig sagen, was wirklich hinter den Mauern der Hofburg vor sich gegangen ist und auch nicht, was die junge Sisi dachte und fühlte. Dennoch kann man sich anhand von Allison Patakis Darstellung einen tollen Überblick verschaffen. Der Roman über Sisi ist meines Erachtens sehr gut gelungen. Er liest sich flüssig und ist zu keiner Zeit langweilig, wie ich es leider von anderen Büchern der Buchreihe erfahren musste.

Mein Fazit: Ich habe den Roman „Sisi – Kaiserin wider Willen“ sehr gerne gelesen. Der Schreibstil und die Erzählung sind flüssig und mitreißend. Man bekommt einen guten Einblick in die erste Hälfte von Sisis Leben als Kaiserin und kann sich brillant in ihr Schicksal einfinden. Ich ziehe lediglich einen Stern ab, da mit eingebaute Zwischenkapitel irritiert haben und ich den historischen Kontext als nicht ganz erfüllt ansehe und vergebe so 4 von 5 Sternen.