Rezension

Ratut, Beile - Das schwarze Buch der Gier

Das schwarze Buch der Gier - Beile Ratut

Das schwarze Buch der Gier
von Beile Ratut

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Debütroman von starker Intensität.

Die Geschichte wird aus der Sicht der Ich-Erzählerin weitergegeben. Als Auftakt zu dem Roman macht sie sich Gedanken darüber, wieso Menschen eigentlich Geschichten erzählen, was steckt dahinter, was bedeutet es für sie - Alba - die Hauptprotagonistin des Romans.

Sehr schön fand ich ihre tiefgründige Überlegungen, ihre Gedanken über sich selbst, ihre Einschätzung eigener Person, was dem Leser die Möglichkeit gab zu erfahren, wer ist Alba, vor allem über ihre Persönlichkeit, wie z.B. dass sie eine unscheinbare, zurückhaltende Frau ist, dass sie schon was Schlimmes erfahren hat, dass sie Angst und Furcht kennt. Im weiteren Verlauf des Romans blickt der Leser immer tiefer in die Seele der Protagonistin, in die Abgründe ihres unruhigen Wesens, in die Unruhe ihres Herzens, das auf der Suche nach der Wahrheit ist, in ihr, an Besessenheit grenzendem, Interesse an der Natur der Gewalt.

Eindringlich und zutiefst bewegend beschreibt Alba all die Verbrechen, von denen sie in ihrer verstörten Welt angezogen wird, all ihre Gedanken über die Menschen, die fähig sind anderen Gewalt anzutun. Es war emotional sehr hart darüber zu lesen. Allerdings finde ich es gut, dass einer den Mut hat, diese Gräueltaten, Gewaltverbrechen, ohne dies zu beschönigen, auszusprechen.
In der Regel kommt man im Leben selten dazu solchen Sachen in all ihren Einzelheiten zu lesen oder zu hören. Man möchte es nicht, und meistens, kann man sich davon auch erfolgreich verschließen. Es will keiner hören, und es will keiner darüber lesen. Aber die sind da...

Und ich finde gerade deswegen das Buch bemerkenswert, weil die Protagonistin dieses ausspricht.
Natürlich man könnte über ihren Charakter oder Psyche diskutieren. Denn sie ist eindeutig in ihrer Welt gefangen. Andererseits ist es verständlich. Es ist ihre Reaktion auf Verlust, es ist ihre Reaktion auf Gewalt, die ihrem geliebten Bruder angetan worden ist, es ist ihre Art damit klar zu kommen.
Ich muss gestehen, dass es mir stellenweise richtig schlecht dabei ging, obwohl ich schon einiges gelesen habe, doch das meiste sind ausgedachte Geschichten, hier berichtet Alba die Wahrheit. Das was sie verarbeitet, ist Realität: Grausamkeiten, Folter, Kriegsverbrechen, Gewalt an Kindern, Frauen - das ist schreckliche Realität.

Offenes, ehrliches, grausames und emotional verstörendes Buch, das mich in einer unerwarteten Weise sehr beeindruckt hat und ganz sicher in Erinnerung bleibt.
Es hat mich sehr gefreut das Buch gelesen zu haben. Ich kann mir vorstellen, dass die Freunde der Belletristik, zeitgenössischen Literatur an dem beschreibenden Stil der Autorin, der von ruhigen Tönen beherrscht wird, ihre Freude haben werden.

Sehr viele Gedanken haben mir so gut gefallen, dass ich sie mir als Zitaten auf meinem Blog notiert habe.

"...die Leute denken, dass man stark ist, wenn man unverwundbar ist. Aber das stimmt nicht. Du bist stark, weil du verwundbar bist und weil du es erträgst."

"Die Leute sagen, das Gegenteil von Liebe ist der Hass...
aber das stimmt nicht.
...das Gegenteil von Liebe ist Gier... ja, es ist Gier"