Rezension

Reden macht Sinn

Liebesheirat -

Liebesheirat
von Monica Ali

Bewertet mit 3 Sternen

Wir lernen das junge Paar Yasmin und Joe kennen. Yasmin ist genau wie Joe eine angehende Ärztin. Aber damit hören zumindest die sichtbaren Gemeinsamkeiten auf. Yasmin stammt aus einer sehr konservativen indischen Familie. Und das merkt man sehr stark, denn immer noch ist der Vater Shaokat das allbestimmende Oberhaupt der Familie. Die Familienstruktur ist klar geregelt und wer davon ausbricht, wird unter Druck gesetzt und muss mit den Konsequenzen leben. Das bekommt der Bruder von Yasmin, Arif auch zu spüren. Diese Familienkonstellation wird hier sehr klar und deutlich dargestellt. Man bemerkt es an den Handlungen und sogar den Denkweisen der Familienmitglieder. Es hat mich echt fasziniert, wie sehr auch Yasmin diesen Regeln und Denkweisen folgt. Aber das Buch zeigt auch die Entwicklung der Familie im Laufe der Ereignisse und man kann die damit verbundenen Veränderungen hautnah miterleben.

Dagegen wuchs Joe bei seiner unkonventionellen und freiheitsliebenden Mutter Harriet auf. Der Vater ist dort irgendwie kein Thema und es besteht eine enge Verbindung zwischen Mutter und Sohn. Aber auch hier ist nicht nur das Positive dargestellt, dieses Verhältnis birgt auch Probleme. Und auch hier braucht es seine Zeit, bis diese Probleme den Personen klar werden und zu veränderten Verhältnissen führen.

Als sich diese beiden Familien wegen der anstehenden Hochzeit treffen, prallen Welten aufeinander.

Ich war auch schon sehr gespannt auf diesen Augenblick, denn er versprach Konflikte und Auseinandersetzungen. Denn Harriet wie auch Shaokat sind starke Persönlichkeiten. Allerdings kam manches anders als gedacht.

Dieses Buch ist sehr vielschichtig. Die Protagonisten sind total unterschiedliche Persönlichkeiten mit sehr unterschiedlichen Lebensauffassungen. Sie sind interessant und ich finde, die im Lauf der Geschichte hervorkommenden Ansichten und Erkenntnissen über sich selbst, bemerkenswert und fesselnd. Man erwartet zwar von Anfang an diverse Interessenkonflikte, aber wie tief die Probleme gehen, hatte ich jetzt nicht erwartet. Die Themenvielfalt ist groß und eigentlich wird dadurch vieles nur oberflächlich angegangen. Denn manche Themen hätten mehr Raum benötigt, um alles genau und tiefgehend aufzuzeigen. Aber man wird jedenfalls voll in diese abwechslungsreiche und voller Überraschungen steckender Familiengeschichte eingebunden. Mir waren einige Personen sofort sympathisch, obwohl ich im Laufe des Textes doch mal meine Ansichten über einige Personen geändert habe. Denn die offen gelegten Probleme werfen sofort ein anderes Licht auf die Person. Manche Handlungen konnte ich auch nicht immer nachvollziehen. Mir war Yasmin manchmal einfach zu brav und ich hätte sie gerne mal geschüttelt, damit sie anders reagiert. Aber auch da zeigt sich eben ihre Erziehung und der Einfluss ihres Vaters.

Der Text lässt sich nicht einfach so runterlesen. Man muss schon genau darauf achten, wer jetzt gerade im Fokus steht und den Überblick über die Handlungen behalten. Es ist ein sehr lebendiges Buch, dass vielleicht etwas zu viele Themen anspricht, aber man fühlt mit den Protagonisten und ist gespannt, wie sich das ganze wohl weiterentwickelt. Dabei erlebt man auch so einige Überraschungen. Aber trotz allem ist es schlüssig und ich konnte mit dem Ende gut leben. Zum Glück gibt es im letzten Kapitel "6 Monate später" die Informationen darüber, wie es den einzelnen Protagonisten weiterhin ergangen ist. So erfährt man, was aus ihnen geworden ist. Das hat mir besonders gut gefallen, denn sonst wäre für mich die Geschichte ohne ein richtiges Ende ausgegangen. Denn für mich war auch wichtig zu erfahren, welche Erkenntnisse die Protagonisten aus den Ereignissen gezogen haben.

Es ist ein interessanter Roman und wer mehr über Familienstrukturen und deren Problematik erfahren möchte, ist hier sicher gut aufgehoben.