Rezension

Reise in die Vergangenheit

Der Sandmaler
von Henning Mankell

Bewertet mit 4 Sternen

1972, die junge Schwedin Elisabeth tritt eine Reise in ein nicht näher bezeichnetes Land an der afrikanischen Westküste an. Frisch nach dem Schulabschluss weiß sie noch nicht recht, wie es in ihrem Leben weiter gehen soll. Zufällig trifft sie am Abflugtag auf Stefan, einen ehemaligen Mitschüler, der genau das gleiche Reiseziel anstrebt. Stefan kommt aus einer wesentlich wohlhabenderen Familie als Elisabeth, tritt wesentlich selbstsicherer auf, kann sich das beste Hotel in der Stadt leisten. Während Stefan das typische Klischee des westlichen männlichen Urlaubers in einem Entwicklungsland erfüllt, beginnt Elisabeth ein soziales politisches und moralisches Gewissen gegenüber den afrikanischen Gastgebern zu entwickeln. Sie schließ sich oft und gerne Sven an, einem schwedischen Lehrer, der ihr immer wieder Einblicke in die historische Entwicklung des afrikanischen Landes von der Kolonialherrschaft der Briten zur vermeintlichen Selbständigkeit und offenkundigen wirtschaftlichen Abhängigkeit zu den westlichen Geldgebern gibt.

Der Sandmaler ist der erste Afrikaroman des leider viel zu früh verstorbenen und von mir sehr geschätzten Henning Mankell, der heuer posthum erschien ist. Der Roman ist nach Mankells erster Afrikareise im Jahr 1971 entstanden. Noch fehlt der Geschichte die gewohnte sprachliche und inhaltliche Finesse des schwedischen Autors, der diesem Buch noch sehr viele Romane über Afrika (abgesehen von seinen genialen Wallander Krimis usw.) hat folgen lassen. Trotzdem sind seine Empathie und sein Engagement für das afrikanische Volk deutlich spürbar. Das schmale Buch mit seinen gerade 155 Seiten war für mich ein absolut lesenswerter Ausflug in die Vergangenheit eines Autors, der später stark an Größe gewonnen hat.