Rezension

Schöner stimmungsvoller Roman

Die Frau in Schwarz - Susan Hill

Die Frau in Schwarz
von Susan Hill

Bewertet mit 4 Sternen

Der gealterte Arthur Kipps erlebt im Kreise seiner Lieben einen harmonischen Weihnachtsabend, bis seine jugendlichen Verwandten mit dem Erzählen harmloser Gruselgeschichten beginnen und in ihm so Erinnerungen an ein längst verdrängtes grauenvolles Geschehen wachrufen. 

Ich lese normalerweise keine Geistergeschichten. Mir gefällt an diesem Roman aber das sachte Understatement, das schon im fast harmlos wirkenden Titel "Die Frau in Schwarz" zum Ausdruck kommt und sich im Romantext fortsetzt, der oft so unaufdringlich heiter daherkommt, als hätte man es mit einem schönen Reisebericht zu tun. Ich finde die bildhafte Sprache sehr ansprechend und wie der Protagonist immer wieder die Schönheit und Faszination der melancholischen Marschlandschaft empfindet, die ihn dann doch, Augenblicke später, mit solchem Grauen erfüllt. Sein Umgang mit der plötzlich auftauchenden Angst wird meinem Empfinden nach sehr echt und lebensnah und mit feinem Gefühl für menschliche Befindlichkeiten geschildert. 

Durch den epischen Rahmen, der die eigentliche Handlung als Rückblende in eine spätere Handlungsebene hineinbettet, kann man allerdings das Ende ein wenig voraussehen, wobei auch das Methode hat, da der Leser dadurch, dass er mehr weiß als der Handelnde, nicht gemütlich im Sessel zurücksinken kann, sondern mit dem Damoklesschwert der unguten Ahnung an den Lettern klebt. Allerdings empfinde ich die explosionsartige Konsequenz, mit der das geahnte Ende über den Leser hereinbricht, als etwas zu dick aufgetragen. Ansonsten aber: ein hervorragend geschriebenes, spannendes Buch.