Rezension

Spannender Krimi

Finstere Havel -

Finstere Havel
von Tim Pieper

Bewertet mit 5 Sternen

„...Tatorte, an denen es so hektisch zuging, bargen Gefahren: Manchmal sah man den Wald vor lauter Bäumen nicht, und manchmal wurden Spuren vernichtet...“

Gerade noch wollte Hauptkommissar Toni Senftleben mit Staatsanwältin Caren Winter nach einer gemeinsamen Nacht frühstücken, als er zu einem Tatort gerufen wurde. Dort laufen ihm, wie das obige Zitat zeigt, schon viel zu viele Personen herum. Ein Auto wurde aus der Havel gezogen. Am Steuer saß eine tote Frau. Unfall? Selbstmord? Mord? Alles ist möglich.
Der Autor hat erneut einen fesselnden Krimi geschrieben. Der Schriftstil passt sich gekonnt den Gegebenheiten an und lässt sich angenehm lesen.
Die Tote heißt Melanie Brandt, war Biologin und wurde 34 Jahre alt. Die Ermittlungen erstrecken sich zuerst auf ihr Umfeld: Ex-Mann, Vorgesetzter, Nacbar, Schwester.
Sehr gut wird der Arbeitsbereich der Toten beschrieben. Es geht um die Renaturierung der Havel.

„...Der Fluss wird auf einer Länge von neunzig Kilometern zu einen Garten Eden zurückgebaut. Dazu werden Altarme angebunden, Uferbefestigungen entfernt, trockene Flussrinnen wieder bewässert und Auenwald angepflanzt...“

Die Tote interessierte sich außerdem für Astronomie. Die Besonderheit der Geschichte besteht darin, dass ich in verschiedenen Abschnitten erfahre, was einige Zeit vor ihrem Tod passiert ist. Die Geschichten, die dabei erzählt werden, werden im Buch parallel zu entsprechenden Befragungen eingebunden. Die Befragten dürften davon nur einen sehr kleinen und geschickt bereinigten Sachverhalt gegenüber Toni wiedergegeben haben. Das heißt, ich als Leser weiß zum Teil mehr als die Kriminalisten. Doch auch für mich bleibt beim möglichen Täter ein Fragezeichen.
Toni hat ein weiteres Problem. Carens Stalker wurde angeblich geheilt aus der Klinik entlassen. Wie soll Toni damit umgehen? Er kennt die Gefahren für Caren nur zu genau.
Der Autor hat im Umfeld der Toten eine Menge an interessanten Personen kreiert. Dazu gehört ein Nachbar, der durch sein heftiges Temperament auffällt. Professor Wendschneider, ihr Chef, gibt sich als Förderer. Ihr Ex-Mann, bei dem die gemeinsame Tochter lebt, entwirft das Bild eines liebevollen Vaters. Alle aber verschweigen gekonnt ihre dunkle Seiten.
Melanie Brandt war hochsensibel. Das machte ihr den Umgang mit anderen Menschen nicht leicht. Ihr Leben war eine Balance zwischen Möglichkeit und Pflicht. Schnell wird deutlich, dass sie außerdem ein dunkles Geheimnis hat, welches ihr Leben überschattet.
Auch im Team von Toni deuten sich Konflikte an. Gesa achtet zunehmend auf ihr Äußeres. Das weckt in Nguyen Phong Hoffnungen.
Es ist Phong, der über sich hinauswächst, eine herbe Enttäuschung wegsteckt und am Ende das entscheidende Puzzleteil liefert.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.