Rezension

Spannender und intelligenter Krimi vor intensiv-bedrückender Atmosphäre

Die rote Frau - Alex Beer

Die rote Frau
von Alex Beer

Bewertet mit 5 Sternen

»Irgendwas ist faul hier. Ich kann es nicht klar benennen, es ist nur so ein Gefühl. Du weißt schon … mein Bauch.« »Und was sagt Ihr Verstand?« »Auf den sollte man nicht immer hören.«

Wien im März 1920. Rayonsinspektor August Emmerich, ein Kriegsinvalide, und sein junger Assistent Ferdinand Winter waren froh, endlich in der Abteilung „Leib und Leben“ angekommen zu sein. Doch seit der Leiter der Abteilung wechselte, haben die beiden schlechte Karten, werden abfällig als Krüppelbrigade verunglimpft und müssen trotz früherer Ermittlungserfolge Hilfsarbeiten tun.

Während alle anderen Kollegen mit der Aufklärung des Mordes am Stadtrat befasst sind, soll Emmerich sich um eine überspannt wirkende Schauspielerin kümmern, die sich bedroht fühlt. Doch die zunächst anspruchslose Aufgabe wird sich als überraschend bedeutend erweisen und schon bald stoßen Emmerich und Winter auf ein schockierendes Mordkomplott. Sie müssen heimlich ermitteln und die Zeit läuft!

 

Bereits der erste Fall für Emmerich und Winter hatte mich begeistert, dieser hier steht ihm um nichts nach. Nach wenigen Seiten schon war ich so von der Handlung mitgerissen, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen mochte.

 

Da ist zunächst einmal die Atmosphäre. Die Situation im Wiener Nachkriegswinter ist so drastisch geschildert, dass man beim Lesen immer wieder die Luft anhält. Die Unterschiede bei den Lebensbedingungen zwischen Reich und Arm, die krassen Klassenunterschiede zwischen verschwenderischem Luxus auf der einen und bitterster Not auf der anderen Seite, machen einfach wütend. Leicht kann man sich vorstellen, welch hohes Ausmaß an Kriminalität zudem durch diese Ungerechtigkeiten hervorgerufen werden kann! Die ohnehin schon üble Situation wird durch eine Haltung in Teilen der Bevölkerung befeuert, die auf Vorurteilen und Diskriminierung beruht.

 

Emmerich selbst leidet auch persönlich unter unmenschlichen Lebensbedingungen, sein Schicksal ist schlicht tragisch und ruft bei mir großes Mitgefühl hervor. Andere würden vor einem solchen Hintergrund kapitulieren und sich aufgeben. Doch Emmerich ist ein Kämpfer. Als Typ ist er dabei nicht selten anstrengend. Er ist stur, zieht sein Ding durch und vernachlässigt zugunsten seines Bauchgefühls auch schon mal das Nachdenken. Wirklich kein einfacher Charakter, aber auch ungeheuer sympathisch.

 

Zum Krimi selbst möchte ich nicht mehr verraten, die Handlung ist geschickt aufgebaut, hat ein paar überraschende Entwicklungen und bleibt durchgehend spannend. So einige historische Hintergründe wurden zudem eingebaut, im Nachwort gibt es dazu eine interessante Ausführung.

 

Fazit: Spannender und intelligenter Krimi vor intensiv-bedrückender Atmosphäre. Der Folgeband steht bereits auf meiner Liste.

Kommentare

hobble kommentierte am 03. Januar 2021 um 07:57

was fürs wunschregal