Rezension

Spannender und temporeicher Jugendthriller, der von der ersten bis zur letzten Seite fesseln kann!

Cainstorm Island - Der Gejagte - Marie Golien

Cainstorm Island - Der Gejagte
von Marie Golien

Vielleicht hast du es mitbekommen: Meine zuletzt rezensierten Bücher, „Arena“ und „Ein wirklich erstaunliches Ding“, thematisieren beide die Entwicklung moderner Technik und gehen beide stark auf den Umgang mit sozialen Medien und den Druck, der daraus entsteht, ein. Vor einigen Tagen ist im dtv-junior-Verlag der Auftakt zu einer Jugendthriller-Reihe namens „Cainstorm Island“ erschienen. Auch hier geht es um eine Internetplattform, die durch Videos gespeist wird, die direkt durch die Augen der Filmenden aufgenommen werden. Klingt erst einmal abstrus? Ist es auch. Wie mir diese Lektüre gefallen hat und wem ich sie weiterempfehlen kann, das erfährst du in der folgenden Rezension.

 

Die Wiesbadener Autorin Marie Golien legt mit „Der Gejagte“ einen temporeichen und überaus spannenden Debütroman hin, der mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte – sie macht in diesem Buch einfach verdammt viel richtig!

 

Mit einem direkt ab dem ersten Kapitel mitreißenden und temporeichen Schreibstil kann die deutsche Autoren-Newcomerin ihr jugendliches Lesepublikum mitreißen. Ich fühle mich schnell in die Geschichte integriert und werde schnell mit dem Figurenensemble und dem gesamten Szenario warm. Das ausnahmslos sehr hoch gehaltene Spannungsniveau nimmt zu keiner Zeit Abbruch. Golien schafft es geschickt, ihre Leser ständig durch neue Wendungen und kluge Geschwindigkeitsveränderungen am Ball zu behalten.

 

In nur knapp mehr als dreihundert Seiten entfaltet sich eine Handlung von großflächiger Tragweite, die durch ihre schillernde Vielfältigkeit hervorsticht. Zwar folgt das Buch einem bestimmten Muster, das der Titel „Der Gejagte“ schon verrät: Es geht eben um eine Jagd. Daraus speist der Roman seine akute Spannung. Dennoch fasziniert der Handlungsverlauf durch seine Unvorhersehbarkeit und Komplexität. Die Autorin strickt geschickt verschiedenste Elemente in ihr Werk mit ein, dass man schließlich von der schieren Überzahl an Antagonisten zu ersticken droht.

 

Das Figurenensemble kann im Großen und Ganzen ebenfalls überzeugen. Vor allem die Hauptfigur, der Protagonist Emilio, ist es, die durch ihre realistischen und authentischen Charakterzüge emotionale Tiefe bekommt und somit eine empathische Ebene zum Leser aufbauen kann. Die Figurenentwicklung erscheint glaubwürdig, seine Motive und Beweggründe nachvollziehbar. Einzig und allein die Liebesgeschichte ist es, die ein wenig fehl am Platz wirkt. Dafür fehlt es den eher im Hintergrund bleibenden Figuren zu viel an Plastizität, als dass sie sich der drohenden Eindimensionalität entziehen können. Auch skizziert die Autorin v.a. die Antagonisten etwas holzschnittartig und aufgeblasen, dass es fast klischeehaft anbiedernd wirkt. Sie versucht mit allen Mitteln, die aufkommenden sozialen Unterschiede kontrastreich drastisch darzustellen. Dabei schießt sie, meiner Meinung nach, ein wenig über ihr Ziel hinaus. Nicht zu sehr, um dem stetigen Lesefluss Abbruch zu tun, aber der Kritikpunkt schien mir dennoch einer Erwähnung wert zu sein.

 

Das Szenario, in dem sich die Autorin austobt, ist geschickt ausgewählt und entspricht soweit dem Nerv der Zeit. Zwar wirkt die technische Entwicklung, die hier stark thematisiert wird, ein wenig zu utopisch. Dennoch: Das geschickte Spiel mit den Gefahren der modernen Erfindungen und den tatsächlich realen Gefahren zieht den Leser in seinen Bann. Man merkt hier einfach, welche Freude Golien am Schreiben besitzt.

 

Insgesamt liegt hier ein geschickter und mitreißender Jugendthriller vor, der seiner Leserschaft auch viele akute Probleme der heutigen Gesellschaft anspricht und ein erschreckendes Zukunftsbild präsentiert, das so unwahrscheinlich aber gar nicht erscheint. Durch einen gemeinen Cliffhanger auf den letzten Seiten des Buchs ist mein Interesse gegenüber geplanten Fortsetzungen definitiv geweckt.

 

„Cainstorm Island – Der Gejagte“ ist ein äußerst gelungener Debütroman und gleichzeitig Auftakt zu einer vielversprechenden Reihe, der durch seine atmosphärische Dichte, sein atemloses Tempo und einem interessanten Szenario punkten und begeistern kann.

 

Ich vergebe gerne starke vier von fünf möglichen Sternen und bedanke mich an dieser Stelle beim dtv-Verlag zur Bereitstellung des Rezensionsexemplars!