Rezension

Tiefgründig

Das Geschenk -

Das Geschenk
von Alina Bronsky

Bewertet mit 4 Sternen

„…Dieses Jahr hätte es das erste Weihnachten ohne Kinder, ohne Baum, ohne Verpflichtungen werden sollen. […] Kathrin wollte über die Feiertage zu zweit verreisen, und zwar ursprünglich nicht nach Nordhessen. Aber dann hatte Klaus angerufen, und sie war ans Telefon gegangen...“

 

Und nun sind Peter und Kathrin unterwegs nach Nordhessen. Mit welchen Worten Klaus sie eingeladen hat, erfahre ich als Leser erst später. Dafür wird mir klar, warum Kathrin zugesagt hat. Klaus ist Witwer. Sie haben ihn das letzte Mal vor vier Jahren bei der Beerdigung seiner Frau gesehen. Wie sagt Kathrin?

 

„...Die Vorstellung, dass er allein dasitzt, ein altes Telefonbuch durchsieht und dann ausgerechnet uns anruft...“

 

Doch bei der Ankunft erwartet sie eine Überraschung. An der Tür steht nicht Klaus, sondern Sharon, eine junge Frau.

Die Autorin hat ein Beziehungsdrama zwischen zwei Familien geschrieben, das sie bewusst in die Weihnachtszeit gelegt hat, auch wenn das Fest selbst eher eine Nebenrolle spielt.

Der Schriftstil ist sehr ausgefeilt. Interessant ist nicht nur das, worüber geschrieben wurde, sondern auch das, was zwischen den Zeilen steht und durch das Verhalten und die Beschreibung der Personen ausgedrückt wird.

Der Schock der Ankunft sitzt tief. Die junge Frau scheint jedes Klischee zu erfüllen. Es breitet sich Schweigen aus. Selbst die Erinnerungen aus der Vergangenheit sind nur noch bruchstückhaft präsent.

 

„...Sharon hat doch gesagt, ihr seid das größte Geschenk...“

 

Diesen Satz, der am Heiligabend fällt, haben sie nicht begriffen. Mehr und mehr wird deutlich, dass es keine Gemeinsamkeit gibt. Die Freundschaft mit Klaus hat sich überlebt. Es war seine Frau Almut, die damals die Beziehung befruchtet hat.

Sharon hat sich viel Mühe gegeben, damit diese Tage ein Erfolg hätten werden können. Leider lässt vor allem Kathrin sie spüren, dass sie eben nicht Almut ist. Sie wurden freundlich aufgenommen, sind aber nicht bereit, ihre Gastgeberin anzunehmen.

Im weiteren Gespräch zeigt sich, dass viele der Vorurteile nicht zutreffen. Auch Almut war nicht der Engel, den Kathrin nur verklärt in ihr sieht.

Noch härter trifft es Peter. Er sieht plötzlich sein eigenes Leben in dem von Klaus gespiegelt. Der schöne Schein zwischen ihm und Kathrin ist trügerisch.

 

„...Sharon sah von einem zum anderen, erst irritiert, dann plötzlich voller Mitleid...“

 

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Für eine Weihnachtsgeschichte ist es ziemlich heftig. Es ist die eigene Sicht auf die Dinge, die ein aufeinander zugehen verhindert.