Rezension

Tolle Beschreibung Deutscher Geschichte

Die Blankenburgs -

Die Blankenburgs
von Eric Berg

Bewertet mit 5 Sternen

Die Porzellanmanufaktur der Familie Blankenburg feiert ihr 150jähriges Bestehen, als die Weltwirtschaftskrise, die im "Schwarzen Freitag" 1929 ihren Höhepunkt findet, auch sie betrifft: Das Familienoberhaupt Adalmar und sein Schwiegersohn Richard begehen Selbstmord, als das Vermögen durch den Börsencrash verloren ist. Seine Töchter Ophelie und Elise, die sich bisher nicht um geschäftliche Angelegenheiten gekümmert haben, sehen sich plötzlich großer Verantwortung gegenüber. Und dass auch noch ein unehelicher Sohn Adalmars auftaucht, macht es nicht besser. Während sie versuchen, zu retten, was kaum noch zu retten ist, gewinnen die Nationalsozialisten immer mehr Einfluss - in der Politik, im Alltag und im Leben der Blankenburgs ....

Eric Berg, das Pseudonym des höchst erfolgreichen deutschen Schriftstellers Eric Walz, legt mit "Die Blankenburgs" den Auftakt zu einer neuen Familiensaga vor. Im Mittelpunkt stehen in diesem Band die Erben des Magnaten Adalmar Blankenburgs, Besitzer einer Frankfurter Porzellanmanufaktur., die vor der großen Herausforderung stehen, die Firma nach der großen Weltwirtschaftskrise zu retten und damit ihr eigenes Schicksal, das aller Familienangehöriger und der zahlreichen Mitarbeiter. Historisch korrekt, wunderbar recherchiert und sehr emotional beschrieben, stellt Berg heraus, welche Rolle die ersten "Braunhemden" spielen, die verzweifelte hungernde Arbeitslose auf ihre Seite ziehen, immer mehr Macht gewinnen und so auch immer größeren Einfluss auf die Firma und die Familie Blankenburgs nehmen. Dass Blankenburg mit ihrem größen Wettbewerber, der Manufaktur Löwenstein fusioniert und Elise auch privat dem jüdischen Besitzer näher kommt, führt so natürlich nur vordergründig zu einer Entspannung, sondern birgt neuen Konfliktstoff.
Wer sich heute fragt, wieso die Nationalsozialisten in kürzester Zeit einen derart großen Einfluss bekommen konnten, wieso sie solchen Zulauf hatten, findet in dieser Geschichte viele Antworten. Selten habe ich eindrucksvoller über diese schreckliche Zeit gelesen!

Der Schreibstil gefällt mir gut und korrespondiert mit den verschiedenen Figuren. Diese sind mehrdimensional geschildert und entwickeln sich im Laufe der Handlung weiter - dass dies nicht immer einen sympathischen Blick auf sie zeigt, liegt wohl in der Natur der Sache. Die Perspektiven wechseln häufig zwischen den einzelnen Familienmitgliedern, was ein vollumfängliches Bild der ganzen Familie zeichnet.

Jedem Kapitel, die allesamt recht lang sind, vorangestellt, ist immer ein kurzer Abriss der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, was ich als sehr gelungen empfinde. Auch hilft es, die zeitliche Abfolge besser einzuschätzen, da der Autor auf genaue Zeitangaben über seinen Kapiteln verzichtet und des öfteren kleinere oder größere Zeitsprünge vorhanden sind, bis es 1936 zum fast schon folgerichtigen Abschluss dieses Bandes kommt.

Wenngleich ich das Buch nicht unbedingt als spannungsgeladen bezeichnen würde, hat es mich vollumfänglich in seinen Bann gezogen durch seinen dezidierten Blick auf die schlimmen Fakten und die schonungslose Offenlegung der menschlichen Abgründe.

Insgesamt war die Geschichte in ihren fast 500 Seiten vollgepackt mit Figuren, ihren Motiven, den Handlungen und Verflechtungen. Man mag darüber diskutieren können, ob es notwendig war, auch noch die chinesischen Triaden miteinzubeziehen oder das Thema "Opium" mit seiner Geschichte und seinen Auswirkungen, die beide fast ein eigenes Buch verdient hätte, jedoch auch hier eine wichtige Rolle spielen.

Hilfreich bei den vielen Figuren war das Personenverzeichnis bzw. der Stammbaum, wenngleich eine zu frühr Beschäftigung hiermit auch etwas spoilern dürfte. Wirklich sympathisch war mir nur Tante Arabella, doch konnte ich mich in viele Handlungen der Figuren hineinversetzen - aus der Zeit heraus gesehen (!) - und empfand sie als authentisch.

Das Nachwort mit einer geschichtlichen Einordnung rundet das Buch ab.

Für mich ein äußerst gelungenes Werk über einen schlimmen Abschnitt Deutscher Geschichte mit absoluter Leseempfehlung. Ich freue mich auf den nächsten Band und die weiteren GEschicke der Familie Blankenburg.