Rezension

Ungewöhnlich, herausfordernd – gewollt

Die nicht sterben -

Die nicht sterben
von Dana Grigorcea

Bewertet mit 3 Sternen

Einiges abverlangt hat mir der Roman – mit seinen zahlreichen Anspielungen, Bezügen und einer Bedeutungsebene, die vieles im Unklaren und Verborgenen lässt. Besonders – und vielleicht auch besonders gewagt – ist aber auch die Konstruktion, der Grundgedanke, den Dana Grigorcea hervorgebracht hat: Die Geschichte des postkommunistischen Rumäniens verwebt sie mit der Saga von Vlad dem Pfähler, dem Tyrannen, auf dem die bekannte Dracula-Geschichte beruht.

Hört sich ambitioniert an? Ich es auch – möglicherweise. Vielleicht ist es aber auch ein Zuviel an Metaphorik, Verschränkungen und erhofften und geschaffenen Parallelen, das zu einer Überforderung des Gegenübers führen kann. Und genau diese Frage hat sich mir gestellt und mich während des gesamten Romans nicht mehr losgelassen: Wie sieht der ideale Leser oder die ideale Leserin für Dana Grigorcea aus, mit einem Wissen und Erfahrungsschatz, das befähigt, Bezüge in schier unbekannter Zahl auszumachen, herzustellen und so in der Lage zu sein, die losen Fäden und Stränge zusammenzuführen – und Erkennen zu befördern, vielleicht sogar Erkenntnis zu erlangen. Wer könnte das sein? Die zahlreichen fremdsprachlichen Aussagen – viele davon in Latein – erschweren diese herausfordernde Aufgabe dabei zusätzlich und mögen auf die Leserschaft als das Bemühen Grigorceas um Distinktion verstanden werden. Zumindest bei mir war das so.

Jedoch will ich nicht verschweigen, dass es auch immer wieder Passagen in dem Roman gab, die in mir dank der Wiederaufnahme des Handlungsfadens – den ich in seiner Stringenz leider häufig vermissen musste – Gefühle des Interesses, der Neugierde und sogar der Spannung hervorriefen und somit dann doch zu einer gewissen Lesefreude beitrugen. Doch allzu selten waren für mich diese Momente, als dass ich sagen könnte, die Stunden mit dem Text hätten mir tatsächlich Vergnügen bereitet.

Was ich allerdings durchaus zu schätzen weiß, ist der Ausflug in eine für mich in weiten Teilen unbekannte Geschichte und Kultur der Menschen und eines Landes, das gefühlt leider häufig weiter entfernt ist als die Geographie es zu rechtfertigen vermag. Und dazu die Sprache Grigorceas, die mich durch die Geschichte getragen hat und mir mit ihrem poetischen Klang und einer bemerkenswerten Klarheit und Kraft aus ihrer Präzision heraus weiterhin im Ohr ist.