Rezension

Viel Slapstick, wenig Tiefgang.

Rückwärtswalzer - Vea Kaiser

Rückwärtswalzer
von Vea Kaiser

Bewertet mit 3 Sternen

Kann man lesen, wenn man sonst nichts anderes zu tun oder zu lesen hat.

Die Kinder Sepp, Mirl, Hedi und Wetti wachsen in der unmittelbaren Nachkriegszeit in einem österreichischen Kaff unter ärmlichen Verhältnissen auf. Die russische Besatzung hat noch Restposten im Land verstreut. Die Autorin zeichnet in Rückblenden das Leben dieser vier Protagonisten auf, die inzwischen selber erwachsene Kinder haben.

Zwischen Slapstick und Tiefgang balanciert der Roman und fällt meistens zu Ungunsten des Tiefgangs vom Seil. Die Slapstickschiene ist dazu noch uralt und abgekupfert von Filmen wie „Immer Ärger mit Harry“. Man kutschiert eine gefrorene Leiche durch die Balkanländer.

Themen wie das Hätscheln des österreichischen Beamtentums werden aufs Korn genommen, die ebenso geliebte wie fettige hiesige Küche, unglückliche Ehen und wie man sich in ihnen arrangiert, Liebeleien. Das Leben ist nicht leicht im österreichischen Nachkriegsland und die verkorksten Eltern produzieren verkorkste Kinder.

Die Autorin schreibt gefällig, obwohl sie viel zu viele Vergleiche verwendet, die originell sein sollen und es dann doch nicht treffen.

Liest man den Roman als einen Roman der leichten Muse ist nicht all zu viel daran auszusetzen. Die Figuren verhalten sich abstrus lustig und sind völlig überzeichnet. Ein Klischee jagt das nächste. Die Sprache ist gefällig und es liest sich leicht und den überzeichneten Figuren kann man einen Hauch Sympathie entgegenbringen. Bei der leichten Muse passt auch das seichte Happyend.

Doch ist man kein Charlie Chaplinfan, runzelt man die Stirn.

Liest man den Roman als aufklärenden Familienroman mit historischem Hintergrund, erwartet die geneigte Leserschaft, dass dieser Roman etwas aufarbeitet, Missbrauch, Vernachlässigung, Armut, Unglück, falsche Entscheidungen, Weltfremdheit, Diskriminierung und Leid, dann ist man enttäuscht. Fehlanzeige. Denn jedesmal, wenn der Roman, der durchaus die Anlage dazu gehabt hätte, in die Tiefe gehen möchte und man Anteil an den Figuren fasst, dann holt die Autorin den Leser mit einem scheppernden Gag zurück an die Oberfläche. Schade. Dazu kommt, dass keine einzige Figur ein schlüssiges, psychologisches Profil hat. Der Schluss passt dann voll ins Bild: Klischeehaft happy.

Fazit: Als leichte Muse zu empfehlen, ansonsten ist der Plot leider viel zu oberflächlich.

Kategorie: Leichte Muse
Verlag: Kiepenheuer & Witsch, 2019

Kommentare

lesesafari kommentierte am 19. August 2019 um 19:29

Achso: der scheppernde Gag war Schuld. ;D