Rezension

Von Brutalität und Hass hin zu Feingefühl und Liebe

Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte -

Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte
von Tatiana Tîbuleac

Kann ein Sohn, der seine Mutter abgrundtief hasst, diese in ihrer schwersten Zeit begleiten? Die Autorin setzt sich in ihrem recht kurzen Roman mit einem großen Thema auseinander. Das Verhältnis zwischen einer Mutter und ihrem Sohn in äußerst präkeren Lebensumständen, mit einer belastenden Verganenheit und einer angedeuteten Zukunft.

Die Familie von Aleksy, ein 17jähriger, verhaltensgestörter Junge, stammt aus Polen und lebt mittlerweile in London. Seine von ihm gehasste Mutter überredet ihn zu einem mehrmonatigen Sommerurlaub in einem Dorf in Frankreich. Dort wird die zerrüttete Beziehung zwischen den beiden nun durch die finale Erkrankung der Mutter noch mehr auf die Probe gestellt.

Zunächst brutal und später immer feinfühliger erzählt die Autorin aus Sicht von Aleksy die Geschehnisse dieses Sommers nach. Immer wieder bekommen die Leser*innen einen Ausblick in die Zukunft Aleksys, wodurch ein zusätzlicher Spannungsbogen aufgebaut wird. Die größte Stärke dieses Romans stellt die Intensität und Authentizität, mit der sich die Autorin in den Kopf eines frustrierten, aggressiven, psychisch kranken und doch nicht ganz verlorenen Jugendlichen hineindenkt, dar. Dieses Buch nimmt nicht an Fahrt auf mit Fortschreiten der Lektüre. Nein, es startet unglaublich kraftvoll und wird dann immer ruhiger. Ein wirklich berührender, unkonventioneller Roman. Allein die besonders zu Beginn übermäßig stark genutzte bildhafte Sprache störte mich ein wenig. Ansonsten handelt es sich hierbei um einen definitiv lesenwerten Roman.