Rezension

Was ein unglaublich tolles Buch!

Interview mit einem Vampir - Anne Rice

Interview mit einem Vampir
von Anne Rice

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Anne Rice. Interview mit einem Vampir war glaube ich lange Zeit der ungeschlagene Liebling der Vampirfreunde. Diese zwei Vampire mit ihrer so eigenen Welt in längst vergangenen Zeiten, mit ihrer Schwermut, ihrem düsteren Touch. Und auch damals schon fiel das kleine Mädchen auf, dem nun eine ganz eigene Geschichte gewidmet wurde. Claudia. Das Kind, das nie erwachsen werden durfte. Die Frau, gefangen im Körper eines Kindes. Die Geliebte, die sie immer nur in Gedanken war. Das ganze Buch dreht sich einzig und allein um Claudia und ihr Leben mit Lestat und Louis. Und alles als Comic (wobei ich den Ausdruck hierfür wirklich zu banal finde) gezeichnet.

Meine Meinung:
Ich. Ein Manga, ein Comic, eine Graphic Novel. Gab es nicht, sollte es eigentlich auch nie geben, weil es mich so gar nicht reizte. Doch ab und zu blinzelte ich schon hin zu diesen optisch so unglaublich schönen Büchern. Und nach und nach weckten Zeichnungen immer mehr meine Aufmerksamkeit. Und dann kam dieses Buch. Sicherlich kannte ich die Geschichte von Anne Rice. Und dunkel erinnerte ich mich auch an ein kleines Mädchen - dass sie Claudia hieß hätte ich nie gewusst, wenn ich ehrlich bin. Dafür ist es zu lange her, dafür war sie zu unscheinbar. Sie war doch nur ein Kind neben diesen beiden unglaublichen Vampiren. Doch nun sollte ihr ein ganzes Buch gewidmet sein und dann auch noch als Graphic Novel. Ich war sicher, dies war der Augenblick, wo ich mich nun doch endlich auf diesen Bereich einlassen wollte. Und jetzt, nachdem ich das Buch zugeklappt habe, bin ich restlos überzeugt. Das ist der Beginn einer großen Freundschaft :)

Nun aber zu dem Buch selber. 226 Seiten Zeichnungen. Ein Comic, wie man früher so schön gesagt hätte. Doch ehrlich gesagt finde ich nicht, dass diese unglaublich tolle Arbeit so eine einfache Bezeichnung wie Comic verdient. Alle Zeichnungen sind in schwarz-weiß gehalten, überlagert mit einem Hauch Sepia. Das passt hervorragend zu der Zeit, in der die Geschichte spielt, zu den so düsteren Stimmungen, zu der Tragik, die in der Geschichte verborgen liegt. Doch dort, wo sich die Dramatik steigert, wo Blut ins Spiel kommt, dort taucht auch eine dritte Farbe auf: rot. Sie unterstreicht das Verhängnisvolle, das Schwerwiegende, die Gefangenschaft, der sie immer und immer wieder unterliegen.

Claudia ist ein Kind. Doch ein Kind, das Jahrzehnte lebt verwandelt sich mit der Zeit unweigerlich in eine unleidliche, zerstörerische Erwachsene. Die fühlt, die liebt und die doch gefangen ist in einem Körper, in dem sie nie jemand wahrnehmen wird, nie ihren Geist erkennen wird. Claudia sucht einen Ausweg. Ist sich sicher, dass der arrogante, sie ständig verhöhnende Lestat die Schuld an allem trägt. Sie ist sicher, wenn sie nur allein sein kann mit ihrem geliebten Louis, dann wird alles gut. Doch sie übersieht eines .. sie hat Louis Liebe längst, doch so anders, als sie es sich wünscht.

Lestat ist ein Wesen, der mit dem Verlust seiner Menschlichkeit scheinbar wirklich alles menschliche verlor. Keine Gnade, kein Mitleid, nur die Sucht nach immer mehr Befriedigung, nach töten, nach der Macht, nach dem stummen Gehorsam seiner von ihm Erschaffenen. Er selbst bringt sich in die eigene Falle, in dem er ein Kind zur Unsterblichen machte. Und doch liebt er sie, auf seine ganz eigene Weise. Und kann ihr nur selten Widerstehen, auch wenn sein Groll noch so groß ist.

Und Louis. Der sanfte, schwermütige, der sich bereits auf den ersten Seiten in mein Herz stahl. Ich war absolut fasziniert davon, wie es das ganze Buch über möglich war, ihn immer so zu zeichnen, dass aus jedem Strich der ganze Schwermut, die Trauer, die Verzweiflung hervorging. Man konnte sie sehen und man hatte das Gefühl, man konnte sie spüren, greifen. Er, der Claudia so liebte, ließ sich manipulieren, mitreißen und doch verlor er sich mehr und mehr dabei. Und Claudia, die sich so erwachsen meinte, verstand dies erst viel zu spät.

Ich weiß nicht, was ich hier besser finde. Die Geschichte oder die Zeichnungen. Oder vielleicht war es auch die Kombination aus Beidem, die ein normaler Roman so wohl nie herüber bringen könnte. Und ganz ehrlich - ich liebe ja ebooks, aber dies hier möchte ich nicht gegen ein ebook tauschen!

Und ein Wort noch zum Schutzumschlag: Es fühlt sich an wie Samt, verführt zum Streicheln. Der Titel ist sowohl vorn als auch auf dem Buchrücken aus Goldbuchstaben. Unter dem Schutzumschlag findet man ein blutrotes Buch mit geprägten Goldbuchstaben. Es ist wirklich wunderschön!

Fazit:
Ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen. Liebhaber von solchen Zeichnungen, Liebhaber von Vampirgeschichten, Liebhaber von Anne Rice aber vor allem solchen, die schon immer überlegten, einmal so etwas zu lesen. Und ich kann ihnen nur wünschen, dass sie wie ich so absolut begeistert sind davon. Ich werde dieses Buch wohl noch lange auf meinem Tisch in Reichweite liegen haben. Um immer wieder einmal hineinzusehen, mich in Details zu verlieren, die man beim einmaligen Lesen so nie sehen wird.