Rezension

weckt Fernweh

Die kleine Souvenirverkäuferin - François Lelord

Die kleine Souvenirverkäuferin
von François Lelord

Bewertet mit 4 Sternen

Aus unerfindlichen Gründen weigerte ich mich bisher erfolgreich, die Hector-Bücher von Francois Lelrod zu lesen - Ich glaube es liegt an einer Abneigung gegen Glücksratgeber. Gegen Die kleine Souvenirverkäuferin konnte mein Unterbewusstsein aber keine Einwände finden und so durfte ich dieses entspannte kleine Buch genießen.

Hauptcharakter Julien ist ein lieber Kerl, der sich fast durchgehend zu viele Gedanken macht. Er denkt erst nach ob etwas so in Ordnung ist, bevor er etwas tut oder genießt. Seine Prinzipientreue ist es auch, die den Arzt ihn nach Vietnam „verschlagen“ hat. Wie Juliens Charakter ist die ganze Geschichte ruhig und sanft. Die Liebesgeschichte wird ganz dezent erzählt, etwas aufgelockert durch Eigenheiten es Landes die man zusammen mit Julien entdeckt und den Ausbruch einer mysteriösen Krankheit.

Einen schönen Kontrast bieten die beiden Frauen in Juliens Leben. Einerseits ist da die offene, gebildete und lebensfrohe Französin Clea, die ihn mag aber deren Gefühle er scheinbar nicht erwidern kann. Auf der anderen Seite steht die zurückhaltende und sanfte Souvenirverkäuferin Minh Thu, die aus ärmsten Verhältnissen stammt und mit der eine Beziehung eigentlich schon an der unterschiedlichen Herkunft scheitern muss. Julien schwankt zwischen dem Reiz des Bekannten und des Exotischen und doch scheint ihm sein Gewissen bei beiden Frauen im Weg zu stehen.

Hanoi ist schön beschrieben und bei Juliens „Ausflug“ in den Norden erhascht man auch einen Blick in die weite Landschaft Vietmans. Man fühlt sich, als ob man selbst dieses fremde Land besucht und erfährt viel über seine Geschichte. Dabei verschweigt Lelord allerdings nie, dass der Blick auf Land und Leute der eines tay, eines Fremden aus dem Westen, bleibt. Die Episoden in denen die Sprache und ihre Feinheiten behandelt wurden haben mir besonders gefallen.

Mein einziger Kritikpunkt an diesem schön ge- und beschriebenen Roman ist, dass mir ein bisschen zu wenig passiert ist als das mich das Schicksal der Figuren hundertprozentig berühren konnte. In sich war alles stimmig, trotzdem hatte ich das Gefühl, das ich von der Geschichte nicht so berührt war, wie ich es sein sollte. Vielleicht lag das an Juliens glatter Art, vielleicht auch einfach an meiner momentanen Stimmung beim lesen.

Alles in allem ist Die kleine Souvenirverkäuferin ein schöner, sanfter und ruhiger Roman, der einen in ein fremdes Land entführt und Fernweh zu wecken versteht. Ich kann mir vorstellen, das Leser von Michela Murgia oder Philippe Claudel auch diesen Roman mögen werden. Für laue Sommerabende oder nieselige Novembertage bietet er auf jeden Fall den passenden Zeitvertreib.

Kommentare

LySch kommentierte am 03. April 2017 um 13:30

Schöne Rezi! Das Buch kann ich mir auch noch am ehesten vorstellen, von diesem Autor zu lesen.
Bei den Hector-Büchern bin ich ganz bei dir! Hab das erste gelesen und es ist irgendwie einfach zu "glatt" und zu "glücklich"...ganz komisch fand ich es und mag die anderen Bände nun nicht mehr anrühren ...

katzenminze kommentierte am 03. April 2017 um 16:24

Danke. :)

Das "Covermännchen" von den Hector Büchern finde ich ehrlich gesagt auch ein wenig gruselig... XD

LySch kommentierte am 03. April 2017 um 17:52

Haha, da hast du Recht! xD