Rezension

Wenn ein Papst urlaubsreif ist…

O sole mio! - Johanna Alba, Jan Chorin

O sole mio!
von Johanna Alba Jan Chorin

Bewertet mit 4.5 Sternen

»Rom, caput mundi, Hauptstadt der Welt! Kirchen und Paläste! Der Hofstaat des Vatikans! Die Macht der Kurie! Du bist der Stellvertreter Christi auf Erden, Petrus!« »Stellvertreter ist kein schöner Job. Du bist nicht der Boss, machst aber die ganze Arbeit. Denn aus irgendeinem Grund ist der Boss im Urlaub – und das schon seit sehr langer Zeit.«

Papst Petrus ist urlaubsreif. Weitaus mehr als der geplante Aufenthalt in Castel Gandolfo reizt ihn aber das kleine Dorf an der Amalfiküste, von dem ihm sein alter Studienfreund Giuseppe berichtet. Blaues Meer, eine kleine, überschaubare Gemeinde, keinerlei Intrigen – und ein Dorfpfarrer, der sich wiederum danach sehnt, Rom kennenzulernen. Der Plan ist schnell gefasst: Giuseppe zieht für eine Weile nach Rom und Petrus macht seine Urlaubsvertretung, natürlich inkognito, als Padre Angelo…

»Niemand erkennt mich. Ich besitze noch eine alte Soutane und eine Altherrensonnenbrille aus den 1960er Jahren. Wenn ich mir die Haare anders kämme, sehe ich aus wie ein Vertretungspfarrer aus dem Altersheim.«

Einfach nur himmlischer Frieden ist Petrus in seinem neuen Wirkungskreis allerdings nicht vergönnt, denn bereits kurz nach seiner Ankunft stirbt der alte Hotelbesitzer Raffaele auf mysteriöse Weise – und Petrus beginnt zu ermitteln…

 

Auch dieser, mittlerweile vierte Papstkrimi, bietet die bewährte Kombination aus einem intelligenten Fall, unterhaltsamen Charakteren und einer ebensolchen Handlung. Die Ermittlungen führen zudem zurück in die 1960er Jahre und präsentieren dabei einige weltberühmte Namen aus der Welt der Reichen und Schönen. Während Petrus neben der Lösung des Falls außerdem Erholung fernab der heimischen Intrigen sucht, liegt das Hauptproblem seiner Pressesprecherin Giulia und seines Privatsekretärs Francesco mal wieder (oder besser: immer noch) in der Tatsache, dass zwischen ihnen etwas ist, was eigentlich nicht sein darf. Und selbstverständlich ist auch Schwester Immaculata wieder mit von der Partie und zeigt recht eindrucksvoll, zu was sie fähig ist, wenn der „Chef“ eine Weile nicht im Vatikan ist.

 

Riesigen Spaß machten mir erneut die vielen tollen Dialoge, die keinen Zweifel aufkommen lassen, dass Petrus nicht nur Stellvertreter Christi auf Erden ist, sondern in erster Linie ein Mensch, mit menschlichen Eigenarten und Schwächen und einem herrlich trockenen Humor…

»Sie verstehen etwas vom Fußball, Padre?«
»Ein wenig. Etwas mehr als vom lieben Gott.«
»Aber als Pfarrer sollten Sie doch vom lieben Gott besonders viel verstehen.«
»Die Wege des Herrn sind häufig rätselhaft. Fußball ist eine übersichtlichere Angelegenheit.«

 

Mal wieder wünschte ich mir einen solchen Papst herbei - er ist mir einfach rundum sympathisch. Was den Fall angeht, beweist er sein Ermittlertalent und all das Zwischenmenschliche, das einen nicht geringen Teil des Buchs einnimmt, ist einfach nur interessant und unterhaltsam zu lesen. Ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich mit Giulia und Francesco mitfieberte – und dabei stört mich doch normalerweise ein größerer Anteil an privater Nebenhandlung sehr.

 

Im Idealfall liest man dieses Buch wohl im Urlaub, denn das Szenario ist geeignet, Fernweh zu erzeugen. Nirgends scheint das Meer so blau zu sein wie an der Amalfiküste und während ich davon lese, wie Petrus alias Padre Angelo einen Rieseneisbecher vertilgt, entspannt in der Sonne liegt oder durch seinen Garten voller Zitronenbäume schlendert, würde ich am liebsten sofort meinen Koffer packen. Gestört haben mich zwei Kleinigkeiten: Eine Schriftstellerin, die ganz dringend in ärztliche Obhut gehören würde und ein wenig viel göttliches Mitwirken zum Ende hin.

 

Fazit:  Wer die Intrigen im Vatikan gewöhnt ist, nimmt es auch mit jedem weltlichen Verbrecher auf. Ich hoffe, es wird mindestens noch einen weiteren Fall für Petrus und sein Spezial-Team geben ;-)

 

»Dann laden wir ihn doch ein«, sagte Giulia. »Allerdings gibt es da ein winziges Problem…«
»Er lebt nicht mehr. Ist es das, was du meinst?«
»Richtig.«
»Keine Sorge, mit Auferstehungen kenne ich mich aus.«