Rezension

Wichtiges Buch über Arbeitsmigration in Deutschland

Dschinns -

Dschinns
von Fatma Aydemir

Migration - Gastarbeiter - türkische Migranten in Deutschland - Arbeitsmigration - Familientraditionen - Familienprobleme - Integration - Bildungsaufstieg - Ankommen in einem anderen Land - Wünsche, die sich nicht erfüllen - tragische Familienschicksale - Kurden

Die Arbeitsmigranten, die seit den 60er Jahren aus Südeuropa und der Türkei nach Deutschland kamen, hier nur begrenzt bleiben sollten, werden erst langsam ein Thema für die deutsche Literatur.

Ein wichtiges Werk dazu hat jetzt Fatma Aydemir geschrieben. "Gastarbeiterkind" der Folgegenerationen. Ja, denn Gastarbeiter wurden die Türken genannt, die aufgrund eines bilateralen Abkommens mit der Türkei nach Deutschland kamen, um hier das Wirtschaftswunder mit zu gestalten, Geld zu verdienen ... und dann wieder zu gehen. Es kam anders. So auch bei Hüseyin, dem Vater der Familie, der als erstes beschrieben wird. Aber nur kurz. Denn er stirbt in Istanbul. Gerade, als er in Rente gegangen ist und sich seinen Lebenstraum einer Eigentumswohnung in Istanbul erfüllt hat. Das dieser Traum nicht der Traum seiner Familie war, zeigt sich, als die Familienmitglieder nach und nach in der Wohnung ankommen. Jedem Familienmitglied wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Und jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Da ist Sevda, die älteste Tochter, noch in der Türkei aufgewachsen und erst spät und ohne Schulbildung nach Deutschland gekommen. Mit einem Ausweis, der eigentlich für das erste Kind der Familie ausgestellt wurde, das ein Jahr vor ihr geboren wurde. Welche Bedeutung der Verlust dieses Kindes für das fragile Familienkonstrukt hatte, wird im Laufe des Romans dann noch sehr deutlich. Es gibt aber noch andere Probleme: Ümit, der Jüngste, hat sich in einen Fußballkumpel verliebt, Peri, die jüngste Tochter hadert mit dem Tod eines Geliebten und fühlt sich fremd an der Uni, als erste aus der Familie, die Abitur gemacht und studiert hat. Sevda wiederum musste sich ohne Schulbildung aus einer unglücklichen Ehe befreien und hat sich zu einer erfolgreichen Restaurantleiterin hochgearbeitet. Und Hakan, der älteste Sohn, ist so ein typisches Beispiel für einen jungen Deutsch-Türken, der Autos verkauft und auch ein paar dubiose andere Dinge und nur weiß, dass er mehr Geld verdienen will und, dass er auf keinen Fall in eine Fabrik will.

Und Emine, die Mutter? Sie ist nie angekommen in Deutschland, spricht kaum die Sprache und hat vor allem Sevda nie eine Chance zur Ausbildung gegeben.

Ein wenig ist jeder der Protagonisten somit auch ein wenig ein Klischee. Die Autorin beschreibt die Personen mit all ihren Stärken und Schwächen jedoch so individuell, dass dies weniger negativ auffällt. Trotzdem waren es mir im Endeffekt ein wenig zu viele Klischees, Stereotypen und Probleme zu viel. Ich kann ja verstehen, dass ein Brandanschlag auf Migranten ein wichtiges Thema ist. Allerdings muss diese Familien doch von Homosexualität, Transgender, mangelnder Bildung oder wahlweise Aufstieg durch Bildung über Kurdenproblematik und dem typischen Bild eines jungen türkischen Mannes ohne Perspektiven nicht alle Probleme dieser Welt abbekommen. Das war mir persönlich etwas zu viel. Weniger hätte hier eindrücklicher gewirkt.

Trotzdem bewerte ich diesen Roman sehr hoch. Er zeigt nämlich ein wichtiges Thema und einen wichtigen Teil der Geschichte der Bundesrepublik auf. Die Auswirkungen der Arbeitsimmigration müssen noch prägnanter benannt werden, um richtig verarbeitet werden zu können.