Rezension

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Tod im Wald der Engel
von Andrea Tillmanns

Bewertet mit 5 Sternen

„...Aber die letzten Tage hatten ihr deutlich gezeigt, wie schmal der Grat zwischen dem Status einer Zeugin und einer Verdächtigen war...“

 

Annas Vernissage hat bei ihr Frust hinterlassen. Deshalb spaziert sie danach über die Ölgangsinsel in Neuss. Dort folgt ihr eine kleine Katze. Als sie deren Fell berührt, hat sie Blut an den Händen. Sie vermutet im Gebüsch ein verletztes Tier und ruft die Polizei. In dem Moment kann Anna noch nicht ahnen, dass sie plötzlich in einen Mordfall verwickelt wird.

Die Autorin hat einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.

Schon die erste Begegnung mit der Polizei wird für Anna ein Schock. Ihr Auto und ihre Kleidung bleiben in Kommissariat. Sie fühlt sich eher als Verdächtige, denn als Zeugin. Deshalb beginnt sie selbst zu ermitteln.

Der Schriftstil ist ausgewogen. Anna ist Künstlerin. Nach der Trennung von ihrem langjährigen Freund muss sie mit ihren Bildern selbst für ihren Lebensinhalt aufkommen. Ein Journalist hat die Bilder ihre letzten Ausstellung verrissen und unterstellt ihr Männerfeindlichkeit und Aggressivität.

Der ist ausgerechnet der Tote.

Obiges Zitat gibt Annas psychischen Zustand gut wieder. Es dürfte kein angenehmes Gefühl sein, von der eignen Unschuld zu wissen und doch häufig zur Polizei zitiert zu werden, um neue Fragen zu beantworten. Schnell findet Anna heraus, dass Lanski, der Tote, mehrere brisante Baustellen hatte. Auch die ermittelnde Kriminalkommissarin stand im Fokus seiner Kritik. An die kommt Anna nicht heran. Alle andern Punkte aber arbeitet sie akribisch ab. Bei der Gelegenheit darf ich sie durch den Ort begleiten und lerne so einige Besonderheiten kennen. Dazu gehört insbesondere auch die Pflanzenwelt, denn die Erzengelwurz war ein Motiv von Annas Bildern.

Gekonnt versucht Anna, ihren Gegenüber wichtige Informationen zu entlocken. Nicht immer ist das von Erfolg gekrönt. Wenn man sich zu einem Thema unterhält, von dem man nur wenig Ahnung hat, fühlt sich das an wie das Laufen auf rohen Eiern und kann schnell zu Problemen führen. Ein Verdächtiger nach dem anderen wird so ausgeschlossen. Natürlich gehe ich als Leser alle Umwege mit.

Die kleine Katze, die erst einmal auf der Wache bleiben musste, wird ihr von der Kommissarin bei einem der Gespräche in die Hand gedrückt. Das verlangt von Anna einen weiteren Drahtseilakt. Sie will Verantwortung übernehmen, leidet aber an einer heftigen Katzenhaarallergie. Meiner Ansicht nach bewältigt sie die Situation gut.

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt, was es für Folgen haben kann, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist.