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DIE EWIGEN. Die Zeichen der Schuld - Chriz Wagner

DIE EWIGEN. Die Zeichen der Schuld

von Chriz Wagner

IDilmun, Mesopotamien, irgendwann um 4000 vor Christus

Mein Leben ist seit jeher eine Suche: Die Suche nach dem letzten Ziel, nach der Ursache für mein Schicksal, nach gleichartigen Menschen und nach Individuen aus einer fernen Vergangenheit - meiner Familie. Schon oft habe ich überlegt, ob der Grund für meine Unsterblichkeit in meiner ältesten Erinnerung verborgen liegt. Ob er darauf wartet, ausgegraben zu werden. Es ist schwer für mich, die uralten Ereignisse in die richtige Reihenfolge zu bringen. Vor allem, weil viele davon nur sehr verschwommen durch mein Gedächtnis geistern.Eine Stütze ist meine Kindheit. Ich war ein junger Bursche und unter den Achseln so nackt wie am Hintern. Die meisten anderen Kinder und vor allem Mädchen waren mir ziemlich gleichgültig. Ich kümmerte mich nur um mich selbst. Ich vermute, so ist das bei den meisten Jungen. Doch es gab eine Ausnahme. Ich bekomme heute noch Herzklopfen, wenn ich an dieses Mädchen denke. Wie sie vor meinem geistigen Auge gewaltige Früchte von den Sträuchern pflückt. Sie legt sie sorgsam in einen Fellbeutel, der an ihrer Hüfte baumelt. Waren meine Hände so klein oder waren Birnen, Trauben und Zitronen damals tatsächlich so riesig, wie es meine Erinnerung behauptet?Nachts lag ich in meiner Hängematte und suchte zwischen dicht belaubten Baumkronen nach den Sternen. Ich stellte mir vor, wie ich diesem Mädchen - ihr Name war Thyri - einen Apfel anbot. Ich musste die Frucht mit beiden Händen umfassen. In Wirklichkeit hätte ich mich nie getraut, Thyri anzusprechen. Schließlich war sie die Tochter des Stammesführers Carr, des Sohns des Himmels, des Schlangenträgers.Sie war ein bisschen größer als ich. Wenn ich beobachtete, wie ihre feingliedrigen Finger sanft das Laub zur Seite strichen, sah ich eine Frau - eine blutjunge aber richtige Frau. Doch ich schaute mit den Augen eines Kindes.Bei Jogo war das anders. Er war erwachsener als Thyri. Wenn er sie erblickte, hatten seine Gesichtszüge etwas Lüsternes. Er betrachtete sie nicht nur, nein, er stellte sich dabei etwas vor."Irgendwann wird sie mein Weib", sagte er.Jogo saß neben mir hinter kräftigen Zweigen mit dickfleischigen Blättern. Und obwohl mich bei dem Gedanken an das Paar ein bösartiges Gefühl zerfraß, glaubte ich seinen Worten …

*

Unsere Welt war von Grün überwuchert. Wir siedelten in einer Oase aus Bäumen, Sträuchern und Lichtungen mit unzähligen Quellen, an deren Ursprung die Sippen sesshaft waren. Wir lebten im Überfluss. Es war das ganze Jahr über warm genug, um halb nackt durch die unberührte Landschaft streifen zu können. An kühlen Tagen trug ich eine Weste aus Rindsleder. Und ich trug einen Lederrock um die Lenden gebunden.Ich kann es geschichtlich nicht belegen und möglicherweise ist es auch ganz und gar unwahr. Aber wenn ich heute gefragt werde, wo das verborgene Paradies lag, antworte ich: die Insel Bahrain im Persischen Golf im damaligen Mesopotamien. Wir nannten unser Land Dilmun, was für uns die gleiche Bedeutung wie das heutige Wort Heimat hatte. Heute ist Bahrains Erdreich trocken und karg. Eine Welt, die Gott aus den Augen verloren hat. Vor über 6000 Jahren jedoch hatte er den Boden frisch bestellt und mit Flüssen bewässert.

*

Thyri trat auf die Lichtung der Liebenden. Jogo und ich wechselten den Busch, sodass wir eine bessere Sicht hatten. Sonnenlicht umspielte ihre Haut. Es gab Blaubeeren, so prall mit Fruchtfleisch gefüllt, dass sie bei der leichtesten Berührung platzten. Sie las sie mit den Fingerspitzen auf. Jogo und ich hingen unseren Gedanken nach. Die Blätter rauschten wie das Meer an einem luftigen Tag und das Mädchen summte ein Kinderlied. Sie beugte sich vor. Das tiefschwarze Kopfhaar umschmeichelte ihren Nacken. Ich stellte mir das süße Aroma der Früchte vor - wie das Fruchtmark an meinem Gaumen zerging. Und um ein Haar konnte ich die Früchte schmecken. Wie einen fruchtigen Kuss.

Rezensionen zu diesem Buch

"Tod ist die Absolutheit des Nichtstuns."

In dieser 3. Episode begleitet der Leser Simon an den Ort, wo alles seinen Anfang nahm. Durch seine Unsterblichkeit ist ihm der Tod, die ewige Ruhe, verwehrt worden, sodass er nun auf Erden wandeln muss. Doch warum?
Beschrieben wird in dieser Kurzgeschichte, wie jener, der in einer kleiner Gemeinschaft aufgewachsen ist, vom Pfad der Tugend abkommt und um das Mädchen, welches er liebt (Thyri), eine Kettenreaktion in Gang setzt, die er nicht mehr rückgangig machen kann.
Wie...

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Die Zeichen der Schuld

„Die Ewigen“: Die Zeichen der Schuld von Criz Wagner erschien im März 2017 beim Acabus Verlag.

Das Cover reiht sich mit seinem Design, dem Kreis, oder Kugel die im oberen Drittel zu sehen ist, in die Reihe der vorhergehenden Teile ein.

Simon schaut auf seine frühesten Erinnerungen, als Junge auf dem Sprung zum Mann, 4000 v. Chr. dem heutigen Bahrain, zurück. Ein steinerner Apfel fällt vom Himmel und trifft die Tochter des Clan - Oberhauptes, dem Schlangenträger, am Kopf. Simon...

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Zurück zum Anfang

Zum Inhalt:

Bisher waren die ersten beiden Bände ja wirklich eher alleinstehende Geschichten, die den Charakter Simon ein wenig vorgestellt haben, ohne die Unsterblichkeit und deren Ursprung so richtig zu thematisieren. Auch der angekündigte zweite Charakter hat irgendwie die ganze Zeit noch gefehlt.

Ich kann nur sagen: Die Zeichen der Schuld geht ganz zum Anfang von Simons Geschichte und lässt den Leser hautnah miterleben, wie Simon feststellen muss, dass er unsterblich ist....

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Back to the Roots oder alles auf Anfang!

4000 v. Chr.: Simon verlebt seine Jugend in Dilmun, dem heutigen Bahrain im Persischen Golf. Simon fühlt sich beim Volk des Schlangenträgers Carr, seinem besten Freund Jogo und seiner geliebten Thyri zuhause. Doch als Jogo einen mysteriösen Himmelsapfel in die Hände bekommt, verändert sich plötzlich dessen Charakter: Er will mit aller Gewalt die Macht an sich reißen, Thyri zur Frau nehmen und Simons Leben zerstören. Als Simon die Gelegenheit bekommt Jogo im Kampf zu töten, steht er vor der...

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Weitere Infos

Art:
eBook
Sprache:
deutsch
ISBN:
9783862825226
Erschienen:
März 2017
Verlag:
Acabus Verlag
10
Eigene Bewertung: Keine
Durchschnitt: 5 (3 Bewertungen)

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