Rezension

Kein Buch für Zwischendurch!

Die Seelen der Nacht - Deborah Harkness

Die Seelen der Nacht
von Deborah Harkness

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt

 

Man kann seine Zauberkräfte verleugnen, sie unterdrücken und nur im Notfall anwenden. Doch wenn ein magischer Gegenstand eine verborgene Macht freisetzt, die nur schwer unter Kontrolle zu halten ist, bleibt einem selten die Wahl, sich seinem Schicksal zu verweigern.

 

Diana Bishop ist Historikerin mit Leib und Seele. Nur wenige wissen, dass dies ihre Art ist, mit ihrer Herkunft umzugehen. Denn eigentlich ist sie eine Hexe, doch seit ihre Eltern grausam ermordet wurden, weigert sie sich strikt, ihre Kräfte zu benutzen.
Als sie ein altes Manuskript untersucht, reagiert dieses jedoch auf ihre Magie. Nicht ahnend, was es damit auf sich hat, bringt sie es zurück.
Und wird prompt von unzähligen Dämonen, Vampiren und anderen Hexen verfolgt, die jeden ihrer Schritte überwachen, um herauszufinden, was das Manuskript ihr enthüllt hat. Notfalls sogar mit Gewalt.
Der Einzige, der ihr beisteht und sie beschützt, ist Matthew Clairmont, ein uralter Vampir. Aber kann sie ihm wirklich trauen? Oder verfolgt er bloß seine eigenen Ziele?

 

Meinung

 

Kennt ihr diese Bücher, für die man sich einfach Zeit lassen muss? Nicht weil sie langatmig, überladen, grauenvoll geschrieben oder einfach rettungslos öde sind, sondern weil sie so gehaltvoll sind, dass man sie einfach genießen muss? Wie ein mächtiges Dessert, für das man sich liebend gerne Zeit lässt, um es richtig zu würdigen. So erging es mir mit Die Seelen der Nacht. Und das lag nicht nur an der Dicke von stolzen achthundert Seiten!
Die Story beginnt gemächlich, ohne viele Actionszenen oder eine spannungsgeladene Atmosphäre gleich zu Beginn. Man wird langsam in die Welt hineingezogen, erfährt dabei viel über Oxford und seine Universität und vor allem über die übernatürlichen Wesen, wie die Autorin sie sieht. Diese haben kaum Ähnlichkeit mit so manchen romantisch bis zur Unkenntlichkeit verklärten Vertretern ihrer Art. Deborah Harkness nimmt sich viel Zeit für ihre Figuren und schafft Charaktere, die absolut überzeugen können. Besonders Diana und Matthew haben mir in ihrer Vielschichtigkeit wirklich sehr gut gefallen. Dianas Sturheit und ihre gleichzeitige Angst davor, ihre Kräfte voll einzusetzen machen sie genauso realistisch, wie Matthews einnehmender Beschützerinstinkt und seine Stimmungsschwankungen dem Vampir menschliche Züge verleihen.

 

Der intelligente und oft poetische Schreibstil verhindert zusätzlich, dass die Liebesgeschichte in Kitsch und Klischees abdriftet. Auf diese Weise werden die einzelnen Schauplätze sehr detailliert beschrieben, ohne den Leser zuviel zuzumuten oder ihn zu langweilen. Bis auf ein paar Längen weiß der Roman so immer zu unterhalten, auch wenn die eigentliche Bedrohung nach und nach zunimmt und erst ab der Mitte des Buches greifbar, dafür aber zudem richtig beängstigend wird. Dann fiebert und zittert man mit, hofft und bangt, als wäre man direkt vor Ort und würde das Geschehen live miterleben.
Leider verliert Die Seelen der Nacht gegen Ende hin etwas an Spannung, was das tolle Hexenhaus, in welchem Dianas Tanten wohnen, wunderbar ausgleicht. Über dieses hätte ich gerne mehr erfahren, genauso wie über das Manuskript, mit dem alles begann, und natürlich über die Kongregation. Hoffentlich schließt da der zweite Band einige Wissenslücken.

 

Fazit

 

Die Seelen der Nacht ist ein Roman, den man nicht einfach schnell zwischendurch lesen kann. Die dargestellte Welt und die Figuren darin sind dafür zu komplex gestaltet, begeistern allerdings gerade deshalb durch ihre Realitätsnähe. Mit viel Liebe zum Detail, aber ohne zu langweilen oder zu überfordern, entführt Deborah Harkness in eine aufregende Geschichte, die altbekannte Themen wunderbar mystisch aufbereitet.
Wer Hexen, Dämonen und Vampire mag, doch mit der gängigen Jugendliteratur zu dem Thema nichts anfangen kann und etwas Erwachseneres sucht, der ist mit dem Buch bestens beraten.