Rezension

Eine faszinierende Grundidee, temporeich und schmerzhaft

Palace of Glass - Die Wächterin
von C. E. Bernard

Bewertet mit 3 Sternen

Die Autorin wartet hier mit einer ziemlich interessanten und faszinierenden Grundidee auf, die mich nicht losgelassen hat.
Ich habe mich wirklich sehr auf diesen Auftakt gefreut. Umso schwieriger war es für mich , das mich das Geschehen zunächst überhaupt nicht packen konnte.

Es liegt nicht am Schreibstil der Autorin. Denn sie schreibt sehr fließend und einnehmend. Die Atmosphäre empfand ich dabei als sehr drückend und unheilvoll. Aber es schwang auch etwas sehr zartes und einfühlsames mit.
Was mir zunächst Probleme bereitete, das man mitten ins Geschehen geworfen wird und auf die Art und Weise , alles auf einmal auf einen einstürmt. Zu viel , das man nur annähernd eine Ahnung von dieser Welt hat.
Nach einiger Zeit gewöhnt man sich an diesen Umstand und doch war der Funke noch immer nicht entzündet.

Man stelle sich vor , das Berührungen verboten sind und darauf eine hohe Strafe steht.
Alleine der Umstand , hat mich schon ziemlich erschreckt.
Die Autorin veranschaulicht sehr gründlich und bildhaft , wie sich die Menschen davor schützen berührt zu werden.
Stellenweise vielleicht etwas zu intensiv.
Man betritt eine Welt die in der Zukunft spielt und zugleich hat man das Gefühl einen Rückschritt zu erleben. Zwei Aspekte die für mich nicht in Einklang kommen und mich daher auch etwas zwiegespalten zurück lassen. Besonders was die Kleidung anbetrifft, lief mein Kopfkino auf Hochtouren und ganz ehrlich, ich würde so etwas nicht tragen wollen. Zu beengend, ich würde Panik kriegen bei den ganzen Schichten.
Rea, unsere Hauptprotagonistin, aus deren Perspektive wir alles erfahren , war mir leider etwas zu unnahbar, zu kühl. Ich fand lange keinen Zugang zu ihr, so daß sie mich lange nicht mit ihrem Erlebten berühren konnte. Dabei ist ihr Hintergrund sehr schmerzhaft und drückend. Ich mochte hingegen sehr wohl , wie sie sich gab. Welche innere Zerrissenheit und Qual sie ausstand.
Welche Ängste vor der Enthüllung ihres Seins, sie durchlebte.
Schnell wird klar, was es heißt, eine Magdalena zu sein. In dem Punkt hätte ich mir gern noch mehr Wissen gewünscht. Ich konnte mich zwar gut in sie hineinversetzen und ihr Handeln nachvollziehen. Dennoch türmten sich immer mehr Fragezeichen in meinem Inneren auf.
Gerade bei Rea hatte ich ein ganz anderes Bild vor Augen, als sie letztendlich tatsächlich abgab. Ebenso blieb für mich der Prinz etwas zu sehr im Hintergrund.
Man bekommt einen relativ guten Einblick in die Welt der Magdalenen und warum sie so gefürchtet sind. Ihre Gabe ist ein Stück weit beängstigend, man fühlt sich entblößt. Eine Berührung die so viel mehr ist als das. Die Qual und Ängste mit sich bringt. Den Leser aber immer mehr fasziniert und ins grübeln bringt.

Interessanter wurde es, als die Handlung ins Königshaus wechselte. Ich lernte zwei ganz besondere Charaktere kennen. Zwei wundervolle Charaktere die mir sofort ans Herz wuchsen. Ganz besonders einer davon, hatte es mir angetan. Er hat mich immer wieder zum schmunzeln gebracht und somit auch etwas Auflockerung in die Geschichte gebracht.
Insgesamt sind die Charaktere sehr unterschiedlich gestaltet und regen immer wieder zum nachdenken an. Einige blieben für mich etwas zu blass, zu verschwommen. Da hätte ich mir einfach mehr Tiefe gewünscht. Dennoch waren sie überraschenderweise greifbar. Wenn auch die Emotionalität dabei etwas auf der Strecke blieb.
Die Liebesgeschichte empfand ich jedoch nicht wirklich als solche. Sie war für mich eher eine Nebenhandlung und nicht maßgeblich für die Geschichte wichtig. Es war mir zu schnell, zu wenig emotional.

Die Handlung selbst ist sehr atmosphärisch und temporeich und zog mich von Seite zu Seite immer mehr in den Bann.
Eine Welt die voller Gefahren, Geheimnissen und Intrigen ist.
Eine Welt , in der man Angst hat, man selbst zu sein.
Die Autorin zeigt in einzelnen Abschnitten sehr gut auf, welche Abgründe hier zugrunde liegen.
Man spürt den Schmerz , die Verzweiflung und suhlt sich darin.
Die Hoffnung treibt weiter an und je mehr man erfährt , umso schockierter ist man teilweise von den Wendungen, die hier eingewoben wurden.
Mit absoluter Klarheit zeigt sie auf, was hier tatsächlich passiert und was es mit sich bringt.
Gedanken müssen neu geordnet werden und die Blickwinkel verschieben sich unmerklich.
Der Showdown ist sehr explosiv und emotional gestaltet. Besonders das Ende hab ich so nicht erwartet und hat mich doch ziemlich überrascht.
Insgesamt kann ich sagen, das dieser Auftakt sich erst im Nachhinein richtig entfaltet und auch zum nachdenken anregt. Dennoch konnte mich diese Geschichte nicht wirklich überzeugen. Ich hatte mitunter etwas das Gefühl auf der Stelle zu treten.

Fazit:

Schlussendlich ein solider Auftakt, der mich jedoch erst spät mitreißen und in einen Sog ziehen konnte.
Eine faszinierende Grundidee, temporeich und schmerzhaft.
Vor allem die Nebencharaktere konnten mich begeistern und überzeugen.
Eine dystopische Welt mit faszinierenden Fantasy Elementen, die immer mehr in den Bann zieht und einiges an Dramatik mitbringt.
Leider hatte ich mir mehr davon erhofft, als ich letztendlich bekam.