Rezension

Ein emotionaler, wunderschöner Ausflug in die schillernde Welt der Drag Queens

In all seinen Farben -

In all seinen Farben
von George Lester

Bewertet mit 4 Sternen

„Du wirst deinen Weg schon machen“, sagt sie. „Das ist kein Weltuntergang.“ „Warum fühlt es sich dann so an?“ „Weil all deine Hoffnungen und Träume soeben zunichte gemacht wurden.“ Sie erklärte das ganz beiläufig, so als wäre mir nicht gerade erst das Herz aus der Brust gerissen worden. „Wow.“ „Aber jetzt heißt es, Kopf hoch und weitermachen.“ Mum löst sich von mir und legt eine Hand an meine Wange. „Es bedeutet nur, dass es umso schöner wird, wenn du es dann schaffst.“

Mittlerweile gibt es einige queere Romane und es freut mich immer wieder, dass auch im Marketing kaum noch Unterschiede gemacht werden, ob ein Buch eine Liebesgeschichte von einem Mann zu einem Mann oder einem Mann zu einer Frau beinhaltet. Für mich ist dies ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Dieses Buch war dennoch für mich etwas Besonderes, da es nicht nur Robins Liebesgeschichte erzählt, sondern mich vor allem in die Welt der Drag Queens entführt hat. Ich habe zwar einmal eine Drag Show besucht, aber mich ansonsten nicht weiter mit dieser Thematik beschäftigt. Somit habe ich hier noch einiges dazu gelernt, bspw. war mir nie bewusst, dass auch Cis-Frauen als Drag Queen auftreten.

Robin weiß zu Beginn des Romans bereits, dass er homosexuell ist und ist in einer Beziehung zu Conner, der sich allerdings noch nicht outen möchte. Die Geheimnistuerei erleichtert die Beziehung eindeutig nicht. Als Robin von seinem Traumcollege eine Absage erhält, ist er am Boden zerstört. Seine Freunde laden ihn daher zu seinem Geburtstag zu einer Drag Show ein. Fasziniert von der künstlerischen Darstellung fragt sich Robin, ob er nicht auch Teil dieser Welt sein könnte.

Mir gefällt bei diesem Buch, dass hier die Charakterentwicklung und die Selbstfindung im Vordergrund steht. Jede Veränderung wird authentisch beschrieben und der Leser kann so mit Robin mitfühlen. Die Nebencharaktere sind ebenfalls sehr gut ausgearbeitet, auch wenn ich bei ihnen nicht immer so gut nachvollziehen konnte, warum sie sich so verhalten. Hier wäre es vielleicht hilfreich gewesen, wenn die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven beschrieben würde. Mich hätte sehr interessiert, warum es für Connor so schwer ist, offen zu Robin zu stehen.

Ansonsten mochte ich den Ausflug in die Drag Welt. Mir war nie bewusst, wie aufwändig so ein Make-Up sein kann und wie viel Übung hinter einem fünfminütigen Auftritt steckt. So viele Gedanken habe ich mir wohl noch nie über ein Outfit gemacht. Das Miteinander der Queens hat mich allerdings berührt. Sie geben denen ein Zuhause, die vielleicht woanders nicht dazugehören und das war bewegend. Auch hier hätte ich gerne mehr Sichten gehabt, um noch mehr Hintergrundgeschichten der einzelnen Queens zu erfahren.

Das Einzige, was mich manchmal gestört hat, war Robins Launenhaftigkeit. Er reagiert häufig äußerst emotional und in meinen Augen an der ein oder anderen Stelle zu übertrieben. Ich weiß nicht, wie häufig er in dem Buch geweint hat, aber die Reaktionen waren nicht immer in dem Maße nachvollziehbar. Jeder darf mal zickig oder traurig sein, aber wegen einer Kleinigkeit tagelang eingeschnappt zu sein, finde ich nicht unbedingt normal.

Alles in allem hat mich jedoch dieses Buch mit all seinen Facetten und in all seinen Farben überzeugt. Es war ein schillernder, emotionaler Ausflug in die Welt der Drags und es hat mir Spaß gemacht Robin ein Stück auf seinem Weg zu sich selbst zu begleiten. Einfach nur ein wundervolles Jugendbuch.