Rezension

Auftakt einer vielversprechenden Jugendbuchreihe

Jake Djones und die Hüter der Zeit - Damian Dibben

Jake Djones und die Hüter der Zeit
von Damian Dibben

Bewertet mit 4 Sternen

Mir hat die Idee, die hinter der kommenden Serie steckt, zu der Jake Djones und die Hüter der Zeit den Auftakt bildet, sehr fasziniert. Bestimmte Menschen haben die Fähigkeit in die Vergangenheit zu reisen und dort zu verhindern, das andere den Lauf der Geschichte verändern. Zeitreisegeschichten im Allgemeinen interessieren mich, doch dafür müssen sie auch gut konzipiert sein, denn wie man spätestens seit Star Trek weiß, sind Zeitsprünge alles andere als unkompliziert. Aus diesem Hintergrund eine Jugendbuchserie zu machen, finde ich sehr gut. Denn wie kann man Jugendliche für die Geschichte der Menschheit besser interessieren, als mit einer gut recherchierten und spannenden Geschichte, die in der Vergangenheit spielt.

Typisch für ein Jugendbuch wird hier nicht lang gefackelt und die Story beginnt auf der Stelle: Jakes Eltern waren einige Tage abwesend und nun ist Jake, sich auf ein Wiedersehen freuend, zu ihnen unterwegs und wird kurzerhand von mysteriösen Leuten gekidnapped. Es stellt sich heraus, dass diese Leute zu den Hütern der Zeit gehören und sie berichten Jake, dass seine Eltern verschollen sind. Jake begleitet sie zu ihrem londoner Hauptquartier, nur um dort im Weg zu stehen, denn alle manchen sich bereit für den baldigen Aufbruch ins 19. Jahrhundert – zum Nullpunkt. Währenddessen erfährt der Leser nur genauso wenig wie Jake und lernt erst nach und nach die Hintergründe der Hüter der Zeit sowie die weiteren Charaktere des Buches kennen. Dies machte den Einstieg zwar etwas unübersichtlich, doch dafür umso interessanter, da man genau wie Jake unbedingt wissen wollte, was das denn nun für Menschen sind und ob sie überhaupt die Wahrheit erzählen. So zeigte sich der Anfang des Buches als spannend und actionreich und in diesem Stil setzt sich auch das Buch fort, denn das Tempo ist stets hoch.

Schnell wird ein Team aus Agenten gebildet, die in das Jahr 1506 reisen sollen, in dem Jakes Eltern verschollen sind, doch Jake darf aufgrund seiner Unerfahrenheit nicht mit. Natürlich – wie vorhersehbar – schleust er sich als blinder Passagier auf das Schiff und ist bei der Rettung seiner Eltern mit von der Partie. Die Hauptcharaktere des Buches sind demnach der 14-järige Jake, der eitle und verwegene Nathan (16), Nathans hübsche und vor allem mutige Ziehschwester Topaz (kurz vor 16) und der ruhige und intelligente Charlie (14). Ich habe mir jedoch zu keinem Zeitpunkt des Lesens wirklich Jugendliche vorgestellt. Die Teenager verhalten sich allesamt wie Anfang/Mitte 20 und als solche habe ich sie auch vor meinen Augen gesehen. Es mag vielleicht eine Rolle spielen, dass ihre Vergangenheit z.T. nicht einfach war und sie mitunter auch aus ganz anderen Epochen kommen, in denen man einfach früher erwachsen wird, doch der größte Fehler der Geschichte ist meiner Meinung nach der, dass die TOP-Agenten immer die Jugendlichen sind und damit Verantwortung tragen müssen, zu der sie eigentlich noch nicht in der Lage sein können. Außerdem sprechen sie mehrere Sprachen fließend – wann auch immer sie die gelernt haben sollen – und sind schlichtweg Multitalente. Dies führt dazu, dass so mancher Charakter einfach völlig überzogen ist – allen voran Nathan – was sie zwar nicht unsympathisch macht, die Geschichte nur irgendwie unglaubwürdig. Ein Jugendbuch mag solche Art Charaktere brauchen, doch etwas übertrieben sind sie schon.

Dafür entwickelt sich noch ein zweiter Handlungsstrang, der parallel zur Venedig-Handlung im Hauptquartier spielt. Dies finde ich sehr gelungen, zeigt es doch, dass die Erwachsenen doch nicht unwichtig sind und bildet so einen gelungenen Gegenpol. Denn Jakes “Entführer” Jupitus Cole und Jakes Tante Rose sollen einen Spion in den eigenen Reihen enttarnen. Dabei werden Fragen aufgeworfen, die sich im Laufe des Buches nicht klären. Das Vorangensein von Verrätern verleiht der Geschichte mehr Tiefe und Spannung. Doch auch im Handlungsstrang um Jake gibt es Dinge – trotz einer Art Happy End -  die nicht vollends abgeschlossen werden. All dies macht Lust, die Fortsetzung zu lesen.

Doch leider sind mir gerade bei beiden wichtigen Punkten (Zeitreisen, Historie) einige negative Aspekte aufgefallen: Zum Thema Zeitreisen muss ich sagen, dass die Grundidee, die hinter den Zeitreisen steckt wirklich gelungen ist. Manche Menschen können mithilfe einer Substanz in die Vergangenheit springen, doch dazu bedarf es nicht nur der grundlegenden Fähigkeit dazu, die man mit einem speziellen Gerät in den Augen erkennen kann, sondern man braucht auch noch ein Schiff und ein Gerät, dass Horizontpunkte anzeigt. An diesen Punkten springt dann das Schiff mit Insassen und Gepäck in die von der Menge der eingenommenen Supstanz abhängige Zeit. Soweit die Grundidee, doch die Feinheiten finde ich nicht wirklich gut ausgearbeitet. So dürfte Jake eigentlich nicht mit auf die große Expedition des Buches, weil die Gefahr besteht, dass er bei der Reise explodiert. Dabei wurde gesagt, dass die weniger begabten von den begabten auf eine unerklärte Weise mitgenommen werden können. Dabei besteht komischerweise keine Gefahr für den Pagagei eines Charakters – er schafft es immer in die Vergangenheit – doch später wird ein Hund einfach zurückgelassen. Das wird vom Hauptcharakter Jake nicht hinterfragt. Dies tut er komischerweise bei einem mir wichtigen Punkt: Kann man sich in der Vergangenheit selbst begegnen? Das was ich aus der schwammigen Antwort herausgehört habe, war nein, was ich nicht nachvollziehen kann. Verschwindet etwa Jakes vergangenes jüngeres Ich aus seiner Zeit nur weil sein aktuelles Ich in die nahe Vergangenheit reist? Da wären richtige Anworten interessant gewesen und hätten die Geschichte atmosphärisch und plausibel gemacht. Doch es handelt sich um ein Jugendbuch. Dort ist genretechnisch meist nie viel Platz für Erklärungen und Atmosphäre, da die Jugend sonst nicht an der Stange gehalten werden kann. Leider messe ich alle Jugendbücher an Harry Potter und da kam atmosphärisch bisher keines in die Nähe.
Zum Thema Historie: Wie schön könnte man Jugendliche für Geschichte begeistern, wenn man diese vor ihren Augen neu erscheinen lässt und Bilder auferstehen lässt, die die Neugier wecken. Hier kommt es mir jedoch so vor, als sei es im Prinzip egal wo und wann die Geschichte spielt, denn die damalige Epoche und der Lebensstil der Menschen zu dieser Zeit wird nicht näher beschrieben. Doch auch etwas weiterführende Beschreibungen über angesprochene Themen wie die Entdeckung Amerikas, das Leben im Mittelalter und die Pest werden nicht mit dem verbunden, was dies für die Menschen bedeutete und wird so auch nicht für den Leser greifbar. Hier hätte durch kleine Ausführungen noch viel mehr geschaffen werden können, doch so kam keinerlei historische Atmosphäre auf. Die Idee ist daher gut, die Umsetzung aber noch nicht sehr gelungen. Der nachfolgende Band wird im alten Rom spielen, vielleicht wird dies ja auch in der Atmosphäre aufgeriffen.

Fazit: Obwohl ich viele Kleinigkeiten am Buch auszusetzen hatte, muss ich dennoch sagen, dass mir das Lesen Spaß gemacht hat, gerade weil es als Jugendbuch einfach und schnell zu lesen ist. Dabei wird man wunderbar unterhalten, denn Tempo und Spannung sind hoch, so dass Jugendliche gut bei der Stange gehalten werden können. Und unter dem Aspekt sind auch meine Kritikpunkte zu betrachten: Sicherlich sind die Charaktere überzogen, doch sie sind deswegen nicht unsympatisch. Klar ist der Hintergrund der ganzen Zeitreisesache etwas dürftig erklärt worden und auf mögliche Paradoxa wurde nicht eingegangen, doch das ist schwer für ein Jugendbuch aufzuarbeiten, ohne dass es zu schwierig und langwierig wird. Einzig der Punkt, dass die historische Atmosphäre so gar nicht aufkommen mag, kann ich dem Buch wirklich ankreiden. Wie schön wäre es, wenn ein solches Buch Interesse an Geschichte wecken würde, indem es beim ersten Ankommen in derjeweiligen Zeit Bilder und Gerüche heraufbeschwört, dass die Geschichte vor den Augen erscheint und man die Menschen aus der Zeit erleben kann. In diesem Punkt wurde hier viel Pontential verschenkt.
Jake und die Hüter der Zeit ist trotz all meiner kleinen Kritik ein gelungener Auftaktband zu einer Abenteuer/Fantasy-Jugendroman-Serie, den ich gern gelesen habe.

Edit 15.09.13: Die Lust die Fortsetzung zu lesen ist mir jedoch in dem Moment vergangen, als ich gesehen habe, dass der Verlag die Cover der Serie gänzlich geändert haben. Wieso wird dergleichen gemacht? So etwas stört mich massiv. Da ich noch genug andere Bücher zu lesen habe, lasse ich diese Serie nun ruhen.