Rezension

Beschreibung und Inszenierung einer tiefen Gefühlsregung

Die einsame Stadt
von Olivia Laing

Bewertet mit 5 Sternen

Cover:

Lila-rot Töne plus ein kohlschwarzer hoher Fenster-Rahmen. Ein roter Regenbogen weist auf den Wolkenkratzer links im Bild.

Geschichte:

Olivia vermisst ihren Liebhaber. Aus Liebe zu ihm befindet sie sich in New York. Per Telefon macht er Schluss. Die Single-Lady verliebt sich jetzt in die Stadt und deren Galerien, Archive und Kunst. Sie wandert zu den Hudson-Piers und geht die Wege von Marlene. Sie wechselt die Wohnung. Meldet sich bei einer Dating-Seite an und wieder ab. Schreibt Tagebuch. Recherchiert und entdeckt die Schönheit der Großstadt. Eigentlich könnte sie direkt in ihre Wohnung in England zurück, "an english man in new york"(Sting).

Gemäß dem Song "loneliness is a very special place" von den Beach Boys, ist für Olivia Manhattan das Manifest für die einsame Stadt aus Beton.

Sie spricht kaum, findet zwar temporäre Arbeit, besucht ein monumentales Schwimmbad, ohne Wasser. Den Sommer verbringt Olivia woanders.

Das Labyrinth der Straßenzüge und die unheimlich große Zahl Unbekannter ist für sie "too much".

Sprachstil:

Poetisch und direkt.Gemälde und Polaroid-Kunst werden wortreich beschrieben. Fotografiert wurde häufig "aus der Hüfte". Mit ausführlichem Quellenteil am Ende.

Zur Autorin:

Olivia Laing ist eine britische Essayistin, politische Aktivistin, geboren 1977, besuchte die Universität in Großbritannien.

Weitere Werke:

Auf den Spuren von Virginia Wolf

Meinung:

Inspiriert den Leser dazu, sich mit Warhol und Darger, ihrer Kunst zu befassen. Warhol zählte mit Jon und Jed und Basquiat zu den prominenten Opfern der grausamen ersten AIDS Welle im Epizentrum von NYC. Es war auch die große Zeit von Paramount-Pictures. Was diese so unterschiedlichen Künstler schufen, als sie allein und verlassen waren. Der eine ganz im Verborgenen, der andere mit seiner Factory knallbunt und vor aller Augen. Edward Hopper fand sehr spät seine Ehefrau JO. Damit sie bei ihm blieb, unterdrückte er sie leider auch und kritisierte deren kreatives Potential.

Auch das literarische Schaffen der erfahrenen britischen Essayistin Olivia Laing in persona rückt jetzt in den Focus. Wie ihre Superstars schafft sie ihr literarisches Erbe. Weibliche Gegenparts sind Nan Goldin (Fotografie) und Valerie Solanas (Lyrik).

Fazit:

Olivia versucht, das Beste aus ihrer Lage zu machen. Man spürt ihre tiefe Traurigkeit. Ihre Einsamkeit färbt durch den Text beim Lesen ab. Geht auf den Leser über, wird dadurch zum geteilten Leid und somit erträglicher. Vielleicht ist das die Intention der Gefühlsstudie. Einsamkeit ist wie Hunger. Einsamkeit ist kollektiv. Einsamkeit ist nicht privat, sondern politisch.

Empfehlung:

Die Geschichte macht Mut. Niemand ist dauerhaft einsam und verlassen. Jeder Mensch kann sich hoffentlich kreativ aus dieser tiefen, negativ besetzten Gefühlslage befreien.