Rezension

"Das Geheimnis" konnte mich nicht so packen wie die anderen Bücher der Autorin

Das Geheimnis
von Ellen Sandberg

Bewertet mit 3 Sternen

Im Penguin Verlag erscheint der neue Spannungsroman "Das Geheimnis" von Ellen Sandberg.

München, 2020: Ulla hatte keine leichte Kindheit, sie wurde mit gerade mal neun Jahren von ihrer Mutter Helga verlassen und lebte bei ihrem Vater. Die Gründe dafür hat sie nie erfahren. Als sie auf den Moarhof  am Chiemsee zurückkehrt, um das Haus ihrer Mutter zu verkaufen, findet sie Antworten auf ihre Fragen.

1975 starb Helga unter mysteriösen Umständen in Mossleitn am Chiemsee. Dort lebte sie als Künstlerin in einer Kommune auf einem Bauernhof. Ihre Bilder sind düstere Werke, die etwas verbergen, was nur Helga sehen kann. Darin verarbeitet sie die sie quälenden Erinnerungen an Ereignisse in ihrem Leben, die sie nicht vergessen kann. Sie hat einen Fehler gemacht, den sie heute sehr bereut.

"Das Geheimnis" zeigt eine düstere Familiengeschichte, die ihren Ursprung darin hat, dass Helga 1969 den Kontakt zu ihrer neunjährigen Tochter Ulla beendete und sich als verrückte Künstlerin ihre Gefühle in düsteren Bildern vom Leib malte. Doch was hat sie zu diesem Verhalten getrieben?

2020 will Ulla das Haus ihrer verstorbenen Mutter verkaufen und stößt dabei auf Kassetten, die sie ihr hinterlassen hat. Welche Gründe könnte ihre Mutter gehabt haben, Ulla aus ihrem Leben zu verbannen? Ulla ist jetzt 59 und gerade selbst in einer Lebenskrise, ihr Mann hat sich von ihr getrennt und zu ihrer Tochter Sandra hat sie ein schwieriges Verhältnis, weil Sandra sich von Ulla nicht verstanden fühlt. 

Im ersten Drittel plätschert der Roman so vor sich hin, dann kommt als Erzählfigur Luise hinzu, die Helga kannte und auch in Mosleitn wohnt. Von diesem Moment an wartet man auf die näheren Zusammenhänge, die das Geheimnis lösen könnten. Doch es folgen weitere etwas sehr ausführlich erzählte Szenen wie beispielsweise über Ullas Jugend oder mit ihrer Tochter Sandra. Das liest sich zwar unterhaltsam, mindert aber die Spannung ungemein. Und erst die Inhalte der alten von Helga besprochenen Kassetten bringen wieder neuen Schwung in die Geschichte und es wird ein dramatisches Ereignis freigelegt, das das Leben all dieser Frauen beeinflusst hat. Es kristallisiert sich ein Fehler heraus, der Helga zeitlebens quälte und den sie sich nicht verzeihen konnte. 

Bei dieser Geschichte haben mich die ständig wechselnden Erzählstränge Ulla, Helga und Luise in meinen Lesefluss gestört. Und auch die Erzählzeit springt häufig zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Ich konnte zwar die Handlung nachvollziehen, aber diese häufigen Wechsel haben doch den Spannungsbogen stark beeinträchtigt. 

Ellen Sandberg verarbeitet in diesem Buch die Themen Mutterschaft, Schuld und Vergebung, die den Weg in ein neues Leben freimachen könnten. Doch diese Charaktere sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um miteinander zu reden oder sie vergraben sich in ihr schlechtes Gewissen, um nicht noch mehr Schuld auf sich laden zu müssen, indem Mitwisser sie zusätzlich belasten. Mit den Figuren konnte ich dieses Mal nicht warm werden, obwohl sie vielfältig gezeichnet werden und alle ihre Ecken und Kanten besitzen. Das Verhältnis zwischen Sandra und Ulla wirkte zu aufgesetzt, so als habe die schlechte Beziehung zwischen Mutter und Tochter in dieser Familie Tradition. Ich fand die Personen alle ein wenig gefühlskalt und leider auch nicht sympathisch. 

Schade, denn die anderen Bücher Ellen Sandbergs habe ich alle verschlungen, hier musste ich mich leider etwas durchkämpfen. Aber es kann ja nicht jedes Buch überzeugen. 

Eine ruhig erzählte und doch tragische Geschichte, die die Schicksale mehrerer Frauen negativ beeinflusst.