Das Große aus dem Kleinen ableiten
Bewertet mit 5 Sternen
Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs mit "Herkunft" schwer getan habe. Stanisic gelingt auf den ersten Seiten ein packender, poetischer Anfang, der sich kurz darauf allerdings in langen Ausführungen und Abhandlungen fortsetzt. Wer diesen etwas diffusen Part übersteht, wird mit einer wunderbaren Lektüre belohnt, die sich einen Platz in meiner - hart umkämpften - Riege der Lieblingsbücher ergaunert hat.
Kurzes Wie Was Wo: Stanisic erzählt in diesem Roman die Geschichte (s)einer Familie, die infolge des Jugoslawien-Konfliktes in den 90ern nach Deutschland zieht. Von einer Jugend zwischen deutschen Akademikerkinderfreunden und seiner Clique mit Migrationshintergrund, die sich immer wieder an einer Tankstelle trifft. Von der erwachenden Liebe zur Sprache, von der ersten Liebe, von Teenagerunfug. Von (s)einer Großmutter, die durch Zeit und Raum springt, wenn ihr die Demenz die Erinnerung nimmt. Mithilfe von Erinnerungen und Anekdoten verhandelt Stanisic scheinbar spielerisch große Themen wie Identität, Heimat, und Herkunft. Immer mit einem gewissen Maß an Humor - und eingepackt in eine Sprache, die sich aller überflüssigen Worte entledigt. Die schon fast zu einfach gewesen wäre, wenn sie die Dinge nicht auf den Punkt treffen würde. Ein Buch, das man einfach gelesen haben sollte - nicht nur, weil es 2019 den Deutschen Buchpreis gewonnen hat.