Rezension

Reise in die Vergangenheit

HERKUNFT - Sasa Stanisic

HERKUNFT
von Sasa Stanisic

Bewertet mit 4 Sternen

Jugoslawien - ein fast vergessener Staat, der nach dem Tod von Tito zerbrach und in einen grausamen Krieg hineintrieb.

In diesem Staat wird Saša Stanišić 1978 geboren. Als er 14 Jahre alt ist, spielen plötzlich Religion und Herkunft eine Rolle und er muss vor dem Krieg mit seiner Mutter, einer Professorin für Marxismus, nach Deutschland fliehen. Ohne die Sprache zu kennen, ohne berufliche Perspektive landen die beiden in Heidelberg und müssen sich mühsam durchschlagen. Wirklich heimisch werden die Eltern - der Vater folgt später - nie und sie wandern schließlich in die USA aus. Währenddessen studiert Saša Stanišić Slavistik und beginnt Geschichten zu erfinden, die zu einem großen Erfolg werden. Aber die alte Heimat bleibt immer präsent und er kehrt häufig zu seiner geliebten Großmutter zurück.

Saša Stanišić begibt sich in diesem Buch auf die Suche nach seinen Wurzeln. Mit vielen Zeitsprüngen beschreibt er seine Erinnerungen an Visegrad, an Heidelberg und die ARAL-Tankstelle, die der Treffpunkt der Jugendlichen war, an seine Freunde und besonders an seine Großmutter. Ihre Demenz schildert er eindrücklich und liebevoll.

Man muss sich auf das Buch einlassen, es ist nicht immer einfach zu lesen. Besonders mit dem letzten Teil hatte ich Probleme, der Titel "Der Drachenhort" ist mystisch und irgendwie auch chaotisch. Eher ein literarische Fingerübung, die dem Autor sicher beim Schreiben viel Spaß gemacht hat. Für mich als Leser fand ich ihn eher mühsam.

Trotzdem weckte das Buch auch bei mir viele Erinnerungen an die Kriegsflüchtlinge in den 1990er Jahren, die auch bei uns ankamen und in den Turnhallen untergebracht wurden. Ihr schweres Schicksal wurde ir in diesem Buch noch einmal bewusst.