Rezension

Deine, meine, unsere Gespenster

Die Gespenster von Demmin - Verena Keßler

Die Gespenster von Demmin
von Verena Keßler

Bewertet mit 4 Sternen

Larissa ist 15 und lebt allein mit ihrer Mutter in dem kleinen Örtchen Demmin. Nach der Schule möchte sie Kriegsreporterin werden und sie verehrt den Aktionskünstler David Blaine. Das schweigsame Mädchen verbringt viel Zeit auf den Friedhof, dort verdient sie sich ein wenig Geld, indem sie Müll von den Gräbern aufhebt und sie schaut bei ihrem Bruder vorbei. Der ist im Alter von 3 Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen und seitdem ist nichts wie es sein sollte.

Frau Dohlberg, Larissas Nachbarin, soll in ein Heim ziehen. Nach und nach räumt sie nun ihr Haus aus und findet immer wieder Dinge, Erinnerungen, die sie in die Vergangenheit tragen. Zu dem Tag hin an dem sie ihr Mutter und ihre kleine Schwester zuletzt gesehen hat. Nach Kriegsende, als die russischen Besatzer in Demmin eingetroffen sind, hat sich ein Großteil der Bevölkerung das Leben genommen. Mit Steinen beschwert, ihre Kinder an sich gebunden, sind sie ins Wasser gegangen, haben sich erhängt oder vergiftet. 

So tragen beide Frauen ihre Gespenster mit sich.

Larissas typischer Hilferuf, nach der Aufmerksamkeit der Mutter, nimmt den Großteil der Geschichte ein. Sie unternimmt waghalsige Aktionen auf einem zugefrorenen See und haut von Zuhause ab. Gern hätte ich mehr über Frau Dohlbergs Vergangenheit erfahren. Der Massensuizid von Demmin sucht in der deutschen Geschichte seinesgleichen. Ich kann verstehen, dass man die Story nicht nur auf einer solch grausigen Tatsache aufbauen möchte, doch haben mich Larissas Probleme einfach nicht so sehr berührt, wie das Schicksal der einsamen alten Nachbarin.  

Ein kurzweiliger Ausflug in die Gefühlswelt eines Teenagers, authentisch erzählt. Zwei Frauen, die durch ihr Leben in Demmin und durch den Verlust geliebter Menschen miteinander verbunden sind, aber leider nicht zueinander finden.