Rezension

Dem Genre Thriller fast nicht würdig

Opfertod - Hanna Winter

Opfertod
von Hanna Winter

Bewertet mit 2 Sternen

"Opfertod" handelt von der Kriminalpsychologin Lena Winter, die sich mit einem Serientäter auseinandersetzen muss, der wahllos Frauen entführt und verstümmelt. Da sie mit der ihr zugewiesenen Abteilung der Polizei keine Erfolge vorweisen kann und es vermehrt zu Spannungen kommt, ermittelt sie schließlich mit einem pensionierten Mordermittler alleine. Gemeinsam geraten sie in die Abgründe ihres eigenen Lebens, aber auch in die des Täters, der von nichts aufzuhalten ist.

Eigentlich verspricht "Opfertod" eine interessante Handlung. Psychologie + mutige Protagnistin + spannender Thriller + brutaler Killer = Erfolgsrezept. Aber diese Gleichung geht auch nur eigentlich auf. "Opfertod" erfüllt die Ansprüche nämlich viel zu selten. Was gelungen ist, ist die Protagonistin. Sie hat eine problembeladene Vergangenheit, trotzdem ist sie mutig, gewieft, lässt sich nicht einschüchtern und somit als Protagonistin sehr gut geeignet. Von ihrer Geschichte wird gerade so viel verraten, dass es spannend ist und dennoch noch viel Potential für weitere Bände bietet. Die restlichen Elemente sind jedoch missraten. Spannung war zwar da, aber das lag vor allem an dem schnell Lesefluss, an den kurzen Kapiteln und weil in wenig Zeit wirklich viel passierte. Das große Problem ist aber bereits der Killer. Er ist brutal und absolut angsteinflößend, aber er wird viel zu wenig durchleuchtet. Am Ende hat man einen Täter, dessen Motivik zu kurz kommt. Dies ist vor allem schade, weil die Protagonistin doch Psychologin ist. Insgesamt kommt der psychologische Aspekt viel zu kurz.

Während zu Beginn noch viel über den Täter analysiert wird, erfolgt dies ab Mitte des Thrillers überhaupt nicht mehr. Das fällt sehr negativ auf, vor allem, weil ich in letzter Zeit wesentlich bessere Beispiele gelesen habe. Es ist also machbar. ein weiteres Problem sind die weitere Figuren. Der Pensionär ist zwar ganz nett, aber sein Privatprobleme sind so nervig und wie er immer sinnbildlich auf die Nase fällt, wirkt vor allem gegen Ende einfach nur noch lächerlich. Und Lächerlichkeit passt zu einer so starken Protagonistin überhaupt nicht. Das Mordkomissariat um Volker Drescher ist ebenfalls eine totale Farce. Statt dass dieses Dezernat seine Arbeit macht, herrscht Eifersucht und Intrigen. Diese Situation war so wenig zu ertragen, dass man nur froh sein konnte, als man sie los war und es wäre eine Schande, wenn sie in Folgebänden weiterhin auftauchen würden. Das letzte Problem ist nun die Erzählweise. Der Schreibstil an sich, die Wortwahl, der Aufbau war eigentlich gut gewählt. Man flog regelrecht über die Seiten, weil die Autorin einem sprachlich keine Steine in den Weg legte. Die gewählten Erzählperspektiven waren jedoch eine Katastrophe. Während zunächst nur Lena Winter Beachtung findet tauchen urplötzlich vollkommen willkürlich andere Perspektiven auf, mal der Täter, mal Opfer, mal Drescher, mal der Pensionär. Grundsätzlich ist dieser Stil ja interessant, aber dann soll er doch auch überzeugend umgesetzt werden. Hier war alles so wild durcheinander, dass kein roter Faden erkennbar ist und das war wirklich sehr schade.

"Opfertod" hat ein paar gute Ansätze, die Umsetzung scheitert jedoch an den Erwartungen, die der Klappentext, die Psychologie und das Genre Thriller versprechen. Dieser Thriller ist so schwach, dass mich die Aussicht auf weitere Bände nicht überzeugen kann, so dass ich mich hiermit bereits von Lena Winter verabschiede. Zwei Sterne!