Rezension

Die hässlichen Geheimnisse eines abgelegenen Dorfes

Die Schönheit der Rosalind Bone -

Die Schönheit der Rosalind Bone
von Alex McCarthy

Bewertet mit 5 Sternen

Rosalind ist wunderschön, das ist ihr Wort in einem abgelegenen walisischen Taldorf, in dem es für jeden ein Wort gibt, schwarz und weiß, gut und böse, kein Sinn für die Grautöne des Lebens. Egal ob Rosalind, die Schöne oder Daniel, der Kriminelle, niemand kann dem Gericht des Dorfklatsches und der Rolle, die das unsichtbare Dorftribunal definiert hat, entkommen. 

Der Umgang im Dorf ist geprägt von Distanzlosigkeit und Übergriffigkeit ohne jemals echte Nähe zuzulassen, echtes Interesse am Gegenüber zu zeigen, das Hervorlugen hinter Vorhängen als olympische Disziplin. Ein Hinsehen, das letztlich nur dem Wegsehen dient. Was Rosalind bewegt, erlebt, fühlt, denkt, ist irrelevant, einzig ihre Schönheit wird gesehen, mit einer Mischung aus Neid und Missgunst.

Eingebettet ist diese dichte Stimmung eines Dorfporträts in eine landschaftlich passende Umgebung. Das Tal, in dem keine Sonne scheint, so wie sich auch das Glück selten zu seinen Bewohner:innen verirrt. 

Die Sprache ist sehr dicht und poetisch, in nur wenigen Seiten entwirft Alex McCarthy ein Sittengemälde einer Dorfgemeinschaft, um das Schicksal von Rosalind Bone. In der Charakterisierung der Protagonist:innen und Analyse der sozialen Beziehungen geht die Autorin mit soziologischem Feingefühl vor, sodass der Roman sich zu einer Art poetischen Sozialstudie entwickelt. Auf diese Weise erzählt die Autorin mit Rosalinds Geschichte auch über weibliche Selbstermächtigung und die Bedeutung von Schwesternschaft in noch immer stark patriarchal geprägten Strukturen.

Die Schönheit der Rosalind Bone überzeugt vom ersten bis zum letzten Satz. Alex McCarthy hat mich mit ihrer Mischung aus literarischer Kunst und Sozialstudie vollends begeistert!