Rezension

Leise und kraftvoll, poetisch und nüchtern, distanziert und berührend

Die Schönheit der Rosalind Bone -

Die Schönheit der Rosalind Bone
von Alex McCarthy

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Inhaltsangabe:
Cwmcysgod in Wales, ein kleiner Bergwerk-Ort, in dem jeder jeden kennt, umgeben von Wäldern. Eigentlich idyllisch, doch es ist nicht leicht, das Leben dort. Rosalind, ihr Schwester Mary und ihre Eltern leben dort ein normales Leben. Doch für Rosalind, die schon als kleines Kind eine echte Schönheit ist, spielen sich ganz andere Dinge ab. Anvertrauen kann sie sich niemandem, denn seit jeher wird sie wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit geschnitten und beneidet und keiner sieht den Menschen hinter der schönen Fassade. Eines Tages verschwindet sie spurlos. Das Leben geht Jahr über Jahr weiter, Mary lebt mit ihrer Tochter Catrin immer noch in Cwmcysgod, das inzwischen von Brandstiftungen heimgesucht wird und von Menschen, die lieber weg- statt hinsehen. Rosalind ist auch jetzt noch immer wieder Thema. Vor allem, weil Catrin mehr über die Frau, über Tante Rosalind wissen möchte, deren einziges vorhandenes Foto ihre Mutter in der Küchenschublade versteckt.

Mein Eindruck:
Das ist absolut ein Buch der Gegensätze. Der Schreibstil ist außergewöhnlich: zeitgleich leise und kraftvoll, poetisch und nüchtern, distanziert und berührend. Mit nur 160 Seiten ist es eine sehr kurze Geschichte, in der aber so viel drinsteckt, so viele Schicksale berührt werden und es um Themen geht, die schwer zu verdauen sind. Es geht nicht einfach nur um Rosalind, die vom Dorf wegen ihrer Schönheit auffällt, es geht viel viel tiefer. Und es geht um ein ganzes Dorf, darum, dass Menschen wegsehen, wo sie hinsehen sollten, um Neid, Schuld, Vorurteile und Vorverurteilungen. Darum, über andere herzuziehen, um von seinen eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. Um die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, nach einem ganz normalen Leben. Über Einzelheiten kann ich jetzt hier gar nichts schreiben, weil das zu sehr spoilern würde. Aber auch Kindesmissbrauch ist Thema, ebenso wie sexueller Machtmissbrauch, Drogen und ach, einfach die ganzen Abgründe der Menschheit. Und das wie gesagt auf nur 160 Seiten. Das wiederum bedeutet: jede Seite gibt so viel preis, erzählt so viel. Dies geschieht immer kapitelweise aus der Sicht einer der beteiligten Figuren, mal in der Gegenwart, mal durch einen Rückblick.

Ich konnte das Trostlose, dieses Beklemmende des Ortes fühlen und die Geschehnisse haben mich sehr berührt. Es ist einfach schlimm, wenn Menschen wegsehen. Für mich ein großartiges Buch, das mich komplett in seinen Bann gezogen hat. Und auch das Cover ist wunderschön und sehr passend! 5/5 Sterne.