Rezension

Die Wahrheit über Jan und Julia

Frostgras - Angelika Lauriel

Frostgras
von Angelika Lauriel

Bewertet mit 5 Sternen

In einer Wanderbuchrunde durfte ich "Frostgras" lesen und ich bin dafür wirklich dankbar, denn ich liebe es, wenn Bücher in die Tiefe gehen, der Schmerz der Menschen die es beschreibt fühlbar sind und mich so den Personen um einiges näher bringen. "Frostgras" ist keine leichte Lektüre, kein Buch für eben mal so, sondern ein Buch, an dem man sich festklammert und es unbegreiflich ist, wie der Mensch tickt. Er verdrängt, er lügt, er verschweigt und wenn es dann endlich zur Aussprache kommt hinterlässt er noch mehr Schmerz im ersten Moment, aber dann endlich kann Heilung geschehen und Puzzleteile werden zusammengefügt und bleiben dann auch zusammen. Natürlich ist das Buch vorhersehbar, aber das ist nichts, was ich jetzt als störend empfunden habe, sondern genau das habe ich erwartet und erhofft. Ich fühlte mit und dadurch, das wir in der Ich - Form immer wieder in die Gedanken der wichtigen Personen eintauchen können, sind sie uns nah und wir begreifen worum es letztendlich geht, eine Lüge, oder sollte ich besser sagen eine Verschleierung von Tatsachen vielleicht um sich selbst zu schützen? Letztendlich liegt hier eine Tragödie vergraben, die von der Autorin eingefangen wurde um ein wirklich kostbares und wunderbares Buch zu schreiben. Ein Buch, welches mich gefangen nehmen konnte und mich dermaßen bewegt hat, das ich es kaum aus den Händen legen konnte.

Natürlich möchte ich ein klein wenig über die Story erzählen, obwohl der Klappentext schon recht viel darüber verrät, was uns erwartet, aber ich will es dennoch tun, denn nur alleine meine Empfindungen die ich beim Lesen hatte, werden dem Buch nicht gerecht.

Die Geschichte beginnt auf einer Zugfahrt, wo sich Julia in einem jungen Mann verliert, der ihr ohne das sie miteinander reden und auch nur kurzen Blickkontakt haben, wichtig wird, wie noch keine Person zuvor in ihrem Leben. Paul vielleicht, aber Paul ist schon seit Sandkastentagen ihr bester Freund. Mit Paul ist sie schon immer zusammen und durch diese kurze Begegnung im Zug beginnt Julia alles zu hinterfragen, was ihr Leben zuvor ausgemacht hat. War sie jemals glücklich? Wieso fühlt sie sich auf einmal so unvollständig? Der junge Mann im Zug hinterlässt ihr ein Tagebuch, versehentlich. Julia beginnt darin zu lesen und plötzlich kommen immer mehr Erinnerungen in ihr hoch und sie merkt, das es da etwas geben muss, was sie verdrängt hat. Ihre Mutter Grete hat viele Geheimnisse, wie wir nach und nach feststellen werden. Wird sie Julia endlich die Wahrheit sagen können? Wird Julia das Puzzle zusammensetzen können? Wohin mit all ihrer Wut? Ihrer Trauer und ihrem Schmerz? Wird sie Heilung finden und endlich da ankommen, wo sie hingehört?

Auch jetzt beim Schreiben über das Buch "Frostgras" sind die Gefühle die mich überkamen wieder präsent und ich bin völlig erfüllt davon. Es ist ein sehr lebendigen Buch, welches davon schreibt wie wir Menschen auf der Suche nach uns selbst empfinden können. Es ist glaubhaft und authentisch. Ich konnte mich in Julia hineinversetzen und nachempfinden, wie viel Angst ihr ihre eigene Unsicherheit macht und als das Kartenhaus der Lügen ihrer Mutter zusammenbricht wird es endlich Licht am Horizont und das Buch wird endlich schön. Schön von den Empfindungen her, die zuvor doch eher grau und trübe waren.

Sie hatte ihr ganzes Leben gegen diese Melancholie angekämpft, aber jetzt dachte sie zum ersten Mal, dass es vielleicht auch möglich war, sie einfach zu akzeptieren. Die Traurigkeit anzunehmen, die sie auf Schritt und Tritt begleitete, und von der sie nicht wusste, woher sie kam. (S.37)

Ein Buch, welches ich sehr gerne weiterempfehlen möchte, denn es wirklich wunderbar geschrieben und am besten ist tatsächlich, das es keine oberflächliche Geschichte ist, sondern eine Geschichte, die mitten ins Herz geht.

Vielen Dank dafür!