Rezension

Die Zelle

Die Zelle - Jonas Winner

Die Zelle
von Jonas Winner

 

„Ich habe mich von dieser Nacht nie mehr erholt….die Ereignisse haben sich in mein Leben gefressen und lassen sich nicht mehr herauschneiden.“

Zwanzig Jahre nach seinen schrecklichen Erlebnissen in Berlin zieht Sammy Grossman dieses Fazit und fasst einen folgenschweren Entschluss.

In einer bedrückenden Rückschau erzählt der Protagonist des Romans von dem Albtraum, den er als elfjähriger Junge in seinen Sommerferien erlebt hat. Durch Zufall entdeckt er in dem Bunker, der zu dem Haus seiner Eltern in Berlin gehört, ein minderjähriges Mädchen, entführt, eingesperrt und misshandelt. Sammy hat seinen geliebten Vater  in Verdacht, dem Mädchen „Yoki“  das angetan zu haben. Er beschließt, das Mädchen aus seiner Zelle zu befreien, doch es ist von einem Tag auf den anderen verschwunden. Weder der Mutter noch dem älteren Bruder kann der Junge sich anvertrauen und schweigt daher zunächst. Doch dann lernt er die gleichaltrige Marina kennen. Sie schenkt seinen Erzählungen Glauben, mit fatalen Folgen…

Eine düstere, unheilvolle Stimmung zieht sich durch Sammys Geschichte. Geräusche, Gerüche, mehr oder weniger klar wahrgenommene Bilder: all das verschmilzt zu einem diffusen Gefühl der Bedrohung und des Unbehagens. Sehr geschickt inszeniert der Autor Jonas Winner eine quälende Atmosphäre der Unsicherheit und Verwirrung. Er versetzt den Leser in die intensive Gedanken- und Gefühlswelt des Kindes, in der sich Realitär und Phantasie vermischen. Im weiteren Verlauf des Berichtes hat der Leser immer mehr Mühe, zwischen Realem und Irrealem zu unterscheiden. Das Zusammenspiel von (subjektivem) Erleben des Kindes und den tatsächlichen Vorgängen um Sammy herum lässt  den Leser fast bis zum Schluss im Ungewissen und erzeugt eine gewisse Dramatik.

Winners packender, dennoch lockerer Schreibstil hält den Leser in Spannung und Erwartung  -   bis zum (logischen) Ende des Romans. Ein mitreißender Psychothriller für Leser mit guten Nerven.