Rezension

Eher zäh als thrillend

Dark Memories - Nichts ist je vergessen - Wendy Walker

Dark Memories - Nichts ist je vergessen
von Wendy Walker

Bewertet mit 3 Sternen

„Thriller des Jahres“ steht auf diesem Buch, das macht auf jeden Fall neugierig. Es klang ein bisschen nach einer geheimnisvollen Geschichte mit Wunderdrogen, spannend.

Natürlich spielen die Medikamente, die Jenny ihre Erinnerungen an ihre brutale Vergewaltigung geraubt haben, eine Rolle, allerdings eher untergeordnet. Vorrangig wird hier das Psychogramm einer Familie erstellt, die ihre Probleme hat und dann auch noch damit fertig werden muss, dass die 16jährige Tochter Opfer eines Verbrechens wurde. 

Alan Forrester ist Psychiater und Experte für Traumatherapie. Er will Jennys Erinnerungen reaktivieren, damit sie die Ereignisse verarbeiten kann und holt dazu die ganze Familie mit ins Boot. Ausführlich erzählt er von diesen Sitzungen. Charlotte und Tom, Jennys Eltern, haben Eheprobleme und um Jenny zu helfen, therapiert er ihre Familie gleich mit. Charlotte hatte eine schwierige Kindheit, Tom hatte Eltern, die nie zufrieden waren, Toms Chef ist eine zwielichtige Gestalt, warum eigentlich? Alan selbst hat es auch nicht leicht, seine Frau fordert seinen Intellekt nicht genug, sein Sohn ist Teenager, das sagt alles…
So kämpft man sich durch viele traurige Geschichten, auch Alans andere Patienten beschäftigen ihn und er berichtet umfassend von deren Werdegang. Als Leser fragt man sich schon bald, müssen wir das wirklich alles wissen? Es geht doch um Jenny, aber die gerät ziemlich bald ins Abseits.

Mag sein, dass man es interessant finden kann, wenn man sich sehr für psychologische Zusammenhänge interessiert. Mir war es sehr bald zu viel. Ich wollte einen Thriller lesen, hatte aber das Gefühl, ich muss zu jeder auftretenden Figur eine psychologische Abhandlung lesen und zu allen dazugehörigen Bezugspersonen gleich auch noch. Das ist wirklich ermüdend.
Zum Schluss gibt es wenigstens eine handfeste Überraschung, die man originell oder konstruiert finden kann. Ich tendiere zu Letzterem. 

Von diesem Buch habe ich mir mehr versprochen. Ein Thriller des Jahres sollte nervenzerfetzend sein, hier muss man sich erst durch Krankenakten kämpfen, bevor es ein klein wenig thrillt.