Rezension

Undurchschaubar und faszinierend - Gutes Buch, aber ich hatte mir mehr versprochen

Dark Memories - Nichts ist je vergessen - Wendy Walker

Dark Memories - Nichts ist je vergessen
von Wendy Walker

Bewertet mit 3 Sternen

Der Thriller 'Dark Memories ' Nichts ist je vergessen' hat mich besonders neugierig gemacht, da er in 18 Ländern erscheint und in Hollywood verfilmt wird. Die Story ist überzeugend und konnte mich in ihren Bann ziehen, doch dem hohen Werbeversprechen konnte das Buch nicht gerecht werden. Man sollte sich viel Zeit und Ruhe zum Lesen nehmen, da der Erzählstil aus Sicht des Psychiaters etwas gewöhnungsbedürftig ist und jedes kleine Detail für den weiteren Verlauf wichtig ist.

Jenny Kramer ist sechszehn Jahre alt und lebt in der beschaulichen Kleinstadt Fairview in Connecticut. Eines Tages wird sie nach einer Party Opfer eines Gewaltverbrechens. Um aus dem traumatisierten Teenager wieder ein normales, lebenslustiges Mädchen zu machen, wird Jenny auf Anweisung ihrer Eltern mit einem Medikament behandelt, das ihre Erinnerungen löscht. Anders als erwartet hilft diese wenig erforschte Methode Jenny nicht, in ihr altes Leben zurückzukehren. Ihr Körper weiß noch ganz genau, was ihm angetan wurde, doch die Verknüpfung zu dem schlimmen Ereignis wurde gelöscht und stürzt Jennys Körper in Chaos. Jenny fällt in ein tiefes Loch und fühlt nur noch eine tiefe Leere in sich. Als es ihr immer schlechter geht, wird sie dem Psychiater Alan Forrester vorgestellt, der auf Fälle wie den ihren spezialisiert ist. Mit seiner Hilfe soll Jenny ihre Erinnerungen zurückerlangen. Chronologisch versuchen sie anhand von Geräuschen, Gerüchen und Zeugenaussagen die verlorenen Erinnerungen wieder auszugraben. Die Gefahr liegt in der Manipulation der Erinnerungen, denn schon ein kleiner Fehler kann ihre Erinnerungen manipulieren und die echten überschreiben. Doch wem kann Jenny vertrauen? Wird es ihr gelingen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen und den Täter zu identifizieren?

Der Einstieg in das Buch ist mir etwas schwerer gefallen, als normalerweise. Der Erzählstil aus Sicht des Psychiaters Alan Forrester ist anfangs sehr gewöhnungsbedürftig. Das liegt zum einen daran, dass er viele Fachbegriffe nutzt. Diese werden zwar alle erklärt, aber gerade deshalb muss man gut aufpassen, um auch alles richtig zu verstehen. Zum anderen schweift Alan Forrester gerne mal von Jennys Geschichte ab und erzählt von anderen Patienten. Das fand ich zu Beginn etwas irritierend. Aber auch hier sollte man gut aufpassen und sich alle Details merken. Leider geht durch das Abschweifen zu den anderen Fällen des Psychiaters ein Teil der Spannung verloren, weil man sich zu Beginn fragt, inwieweit diese Ausschnitte die Story vorantreiben. Die Übergänge waren manchmal etwas überraschend und haben mich eher verwirrt und von der Hauptstory abgelenkt. Im Nachhinein fügte sich dann ein Puzzlestück in das nächste und alles ergab auf einmal Sinn. Absolut fantastisch! Eine hintergründige Spannung bleibt zu jeder Zeit bestehen, da man wahnsinnig gespannt darauf ist, ob es Jenny gelingt, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Die Spannung steigt im Laufe des Buches unaufhörlich an und gipfelt in einem überraschenden Ende.

Da Jennys Geschichte aus Sicht von Alan Forrester erzählt wird, bleibt man gegenüber der Hauptprotagonistin etwas auf Distanz, was aber perfekt zu der Geschichte passt. Im Fokus steht ganz eindeutig keine einzelne Person, sondern die Suche nach der gelöschten Erinnerung an jenen furchtbaren Tag und die Verwicklung der verschiedenen Personen an den Ereignissen dieses Tages. Alan Forrester war mir zu Beginn sympathisch, doch im Laufe der Geschichte erkennt man die Gefühlskälte in ihm. Obwohl er mir nach einiger Zeit aus menschlicher Sicht nicht mehr sympathisch war, ist er ein überaus gelungener Charakter. Er lässt sich nie von seinen Emotionen beherrschen und bleibt jederzeit sachlich und kühl. Jede Situation wird genau analysiert und ausgewertet. Es scheint fast völlig frei von Emotionen zu sein, außer wenn es um seinen Sohn geht. Diesen liebt er mehr als sein Leben. Alan Forrester war für mich der interessanteste und faszinierendste Charakter von allen, da er bis zum Ende absolut undurchschaubar war.

Die Story kommt zu Beginn nur langsam in Fahrt, da es eine gewisse Zeit dauert, bis Alan Forrester bei Jenny die ersten kleinen Erfolge erzielen kann. Doch je näher man der Lösung kommt, umso spannender wird es. Im letzten Viertel des Buches geht dann alles Schlag auf Schlag. Ein Ereignis folgt dem nächsten endlich und man kommt der Auflösung ein ganzes Stück näher. Das Buch regt toll zum miträtseln an. Ich hatte zwei Theorien aufgestellt, wurde aber in die Irre geführt. Das Ende hat mich völlig überrascht und meine Theorien in den Schatten gestellt. Insgesamt ist "Dark Memories - Nichts ist je vergessen" ein spannender Psycho-Thriller, der sich mit einem interessanten Thema auseinandersetzt. Denn bereits heute wird an Methoden und Medikamenten geforscht, die Erinnerungen auslöschen oder überschreiben sollen. Ein spannendes und zugleich brisantes Thema, dessen Gefahren in "Dark Memories" nur allzu deutlich werden.

Fazit: "Dark Memories - Nichts ist je vergessen" ist ein spannender Psycho-Thriller von Wendy Walker. Der schwierige Einstieg und der eigenwillige Erzählstil haben mich etwas gebremst, doch das Buch konnte mit einem hochinteressanten Thema und jeder Menge hintergründiger Spannung überzeugen. Besonders der faszinierende und undurchschaubare Psychiater Alan Forrester konnte mich begeistern und hat mich gekonnt in die Irre geführt! Trotzdem finde ich das Werbeversprechen des Buches zu hoch angesetzt und sehr gewagt. Dadurch war meine Erwartung an das Buch enorm hoch und konnte nicht erfüllt werden.