Rezension

Ein bildgewaltiges, geniales Debüt mit kleinen Macken

MUC - Anna Mocikat

MUC
von Anna Mocikat

Bewertet mit 4 Sternen

Ihr bisheriges Leben verbrachte die 20-jährige Pia in einem Alpendorf, in dem man sie von Kindesbeinen an wie eine Aussätzige behandelte. Denn seit dem großen Sterben vor über 100 Jahren haben nur rothaarige Menschen überlebt. Aber Pias Haare sind pechschwarz. Als man sie an einen Irren verheiraten will, nimmt sie all ihren Mut zusammen und flüchtet. Ihr Ziel: MUC. Die Stadt in die sich ihr Bruder vor 5 Jahren aufmachte und nie zurückkehrte. Die Stadt in der sie auf ein besseres akzeptierteres Leben hofft.

Als sie nach einer langen Reise mit zahlreichen, unbekannten Gefahren in MUC ankommt, muss sie schnell erkennen, das dies nicht die Stadt ist, die sie sich in ihren Träumen ausgemalt hat....

Meinung:

Das Cover lässt bereits vermuten, das es sich hier um einen recht düsteren Roman handelt. Man sieht eine halb zerbombte Münchner Frauenkirche und bedrohlich wirkende Wolken. Ich finde es einerseits nicht sonderlich spektakulär und doch irgendwie total faszinierend. Es passt gut zur Kurzbeschreibung, die mich direkt ansprach.

Nach einem etwas schleppenden Start, liest sich die Geschichte zügig weg. Anna Mocikats Schreibstil liest sich sehr flüssig, auch wenn es für meinen Geschmack an einem steten Spannungsbogen mangelte. Es gab Momente die mir eine Gänsehaut bescherten, es gab auch Szenen in denen ich kurz die Luft anhalten musste, aber im Großen und Ganzen verläuft die Geschichte doch ziemlich ruhig und unaufregend, bringt aber eine durchweg beklemmende Atmosphäre mit sich.

Was mich an MUC wohl am allermeisten begeisterte, war das Setting. Denn was Anna Mocikat hier erschafft ist unglaublich !

Pias Reise beginnt in den Alpen, wo man als Leser noch nicht wirklich viel von der postapokalyptischen Welt merkt. Je weiter Pia sich jedoch MUC nähert, desto krasser verändert sich die Landschaft. Städte sind zertrümmert und überwuchert von der Natur, die sich ihren Platz zurückerkämpft hat.

MUC selbst wirkte auf mich total surreal. Es gibt eine unterirdische Stadt, eine Höhle, die Hades genannt wird, hier leben Menschen mit Mutationen, Ausgestoßene die in der Gesellschaft keinen Platz haben und die man jagen würde. An der Oberfläche tobt die Armut und das Elend. Die meisten Menschen sind total heruntergekommen und schenken sich nichts. Man muss schon kämpfen um über die Runden zu kommen. Im krassen Gegensatz dazu steht

die sogenannte "Hochstadt", ein abgeriegeltes Gebiet in dem der Prophet, der MUC regiert, residiert. Hier ist es nicht nur sicherer und aufgeräumter, sondern es gibt auch Wissenschaft und Fortschritt.

Die Autorin beschreibt Pias Umgebung immer sehr detailliert und lässt in meinen Gedanken ein geniales Kopfkino entstehen. Das hat mich wirklich sehr beeindruckt.

Die Charaktere sind für meinen Geschmack gut ausgearbeitet, obwohl ich sagen muss, das mir Pia in manchen Situationen zu naiv erschien. Sie hat Dinge, die mit ihr selbst zu tun haben, viel zu wenig hinterfragt und stattdessen einfach oft als gegeben hingenommen. Dabei ist sie absolut wissbegierig und saugt alles in sich auf, was sie über die Welt vor dem großen Sterben herausfinden kann. Sie ist eine begnadete Kletterin und liebt es auf Streifzüge durch MUC zu gehen. In ihrem neuen Zuhause, in der Unterwelt von MUC, fühlt sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben angenommen und willkommen. Sie lebt sich, trotz anfänglicher Zweifel, recht schnell in die Gemeinschaft ein und schließt Freundschaften. Was sie außerdem nie aus den Augen verliert, ist das Ziel ihren Bruder zu finden, der vor 5 Jahren nach MUC aufbrach. Sie weiß das Paul hier ist und sie ist fest entschlossen ihn zu finden.

Das Ende überrascht, hat aber auch einen faden Beigeschmack, da hier einfach viele Fragen offen bleiben. Es gab, trotz der wirklich genialen Idee, ein paar nicht ganz durchdachte Dinge in der Umsetzung. So bleibe ich zum Beispiel in Bezug auf Pias Andersartigkeit etwas ratlos. Mir ist klar, das es mit ihren Genen zu tun hat, aber irgendwie war mir das nicht genügend ausgeführt. Ebenfalls bleibt die Frage nach einem bestimmten Charakter, der sich von Anfang an merkwürdig verhält und plötzlich einfach verschwindet, ohne das es jemand großartig hinterfragt. Und das in einer Gemeinschaft, in der jeder Einzelne eine wichtige Rolle spielt.

Fazit:

MUC ist ein bildgewaltiger Debütroman, der zwar seine Fehler hat, mich als Gesamtpaket aber doch überzeugen konnte. Mit ihrem unglaublichen Setting, einer taffen Protagonistin und einer genialen postapokalyptischen Handlung konnte mich Anna Mocikat für sich einnehmen und mir einige tolle Lesestunden bescheren.

©Ina's Little Bakery