Rezension

Ein etwas anderer Liebesroman mit überraschender Wendung

In fünf Jahren -

In fünf Jahren
von Rebecca Serle

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Du irrst dich, was die Liebe angeht. Du meinst, sie muss eine Zukunft haben, um etwas zu bedeuten, aber das muss sie nicht. Sie ist das Einzige auf der Welt, das per se eine Daseinsberechtigung hat. Bei der Liebe ist es nur wichtig, dass sie existiert. Hier. Jetzt. Liebe braucht keine Zukunft.“

Alles scheint perfekt in Dannies Leben. Das Vorstellungsgespräch bei ihrem Traumarbeitgeber läuft optimal und Dannie ist ziemlich sicher, dass sie den Job als Firmenanwältin bei der Top-Kanzlei bekommt. Als Sahnehäubchen macht ihr ihr langjähriger Freund David einen akribisch geplanten Heiratsantrag. Was könnte da besser sein? Doch dann hat Dannie in der Nacht einen mehr als realistischen Traum von sich in fünf Jahren. Ein Traum, der alles verändert und in Frage stellt. Ist es wirklich nur ein Traum? 

 

Rebecca Serle erzählt aus Dannies Perspektive in der ersten Person Präsens. Der Schreibstil ist recht flüssig und unkompliziert zu lesen. Dass Dannie stets erwähnen muss, welche Marke ein Kleid hat, aus welchem Laden das Take-away-Essen stammt oder in welchem Restaurant man sich trifft, empfand ich als ein wenig nervig. Wenn sie Situationen beschreibt, wirkt es auf mich oft so, als erfasse sie die wirklich wesentlichen Dinge nicht und richte stattdessen ihr Augenmerk auf eher nebensächliche Aspekte. Dass sie auf diese Weise erzählt, passt aber sehr gut zu ihr und ihrer Sicht aufs Leben.

 

Dannie hat haargenaue Vorstellungen von ihrem Leben. Während Dannie ihre Zukunft und ihre Karriere plant, hat sich das Leben aber womöglich längst klammheimlich selbstständig gemacht und ihrer Kontrolle entzogen. Dannie ist karrierefixiert und ordnet alles andere ihrer Arbeit unter. Dass sie genau nach Plan lebt, liegt vermutlich am frühen Tod ihres Bruders Michael, den sie immer noch nicht verwunden hat. Dannies Verlobter David fügt sich perfekt in Dannies Leben ein. Ihre beste Freundin Bella hingegen ist vollkommen anders als sie:  spontan, leichtfüßig, sprunghaft, sie fängt vieles neu an und bringt selten etwas zu Ende. Bella liebt und genießt das Leben wie keine Zweite. Bellas und Dannies Lebenseinstellungen unterscheiden sich fundamental voneinander. Dannie tut alles für ihren Traumjob, bringt große Opfer. Bella kann das nicht nachvollziehen, fasst es so zusammen: „Ich finde, Opfer zu bringen, ist genau das Gegenteil von Selbstverwirklichung. Wenn du deine Träume verwirklichen willst, dann solltest du aus dem Vollen schöpfen und dich nicht kasteien.“

 

Der Roman beginnt wie eine klassische Liebesgeschichte. Doch er entwickelt sich im Verlauf bis zum Schluss ganz anders weiter, als ich erwartet habe. Auch wenn mir Hauptfigur Dannie nicht sympathisch ist und ich so gar nicht verstehen kann, wie sie ihr Leben führt und welche Prioritäten sie setzt, hat mich ihre Geschichte absolut gefesselt. Ich konnte den Roman nicht zur Seite legen, bis klar wurde, was genau denn nun ihr ominöser Traum vom Anfang bedeutet. Das Ende kommt dann wirklich überraschend. Ich mag gerne glauben, dass Dannie möglicherweise die Dinge nach den Erfahrungen, die sie gemacht hat, etwas anders beurteilen wird. Unter Dannies oberflächlicher Fassade mit Markenklamotten, ihrem berechenbaren „Workaholic-Yuppie-Verhalten“ verbirgt sich eine eindrucksvolle und lesenswerte Geschichte, die wesentlich mehr zu bieten hat, als es zunächst den Anschein hat. Eine Geschichte über Liebe, Schicksal, Freundschaft, Pläne, Lebenseinstellungen und das Leben selbst, das sich um unsere Pläne, Träume und Wünsche oft wenig kümmert. Eine Geschichte, die nicht so schnell verdaut ist wie ein Gericht vom Takeaway-Laden an der Ecke, eine, die nicht nur vorbeistreift, sondern nachhallt und nachdenklich stimmt.