Rezension

Ein historischer Roman wie er sein sollte

Elbleuchten -

Elbleuchten
von Miriam Georg

Bewertet mit 5 Sternen

Das alte Hamburg wird lebendig. Eine süße Liebesgeschichte verknüpft mit den Missständen dieser Zeit. Ein historischer Roman par excellence.

Der Roman „Elbleuchten“ von Miriam Georg ist der erste Teil einer Dilogie. Der zweite Teil, „Elbstürme“, wird im April 2021 erscheinen. Die beiden Teile sollten unbedingt in der richtigen Reihenfolge gelesen werden, da sie aufeinander aufbauen.

1886: Lily Karsten ist die Tochter einer erfolgreichen Reederfamilie und gehört damit zur Oberschicht von Hamburg. Bei einer Schiffstaufe weht ihr Hut in die Elbe. Der Arbeiter, der den Hut wieder herausholen soll, verunglückt dabei schwer.

Jo Bolten ist im Gängeviertel aufgewachsen, er bittet bei Familie Karsten um finanzielle Unterstützung für seinen verunglückten Freund, wird jedoch kaltherzig abgewiesen. Lily fühlt sich hingegen für den Unfall verantwortlich und möchte helfen. Jo nimmt Lily mit ins Gängeviertel, wo sie eine ganz andere Seite von Hamburg kennenlernt. Lily wird konfrontiert mit Armut, Hunger und Krankheit und das verändert ihr ganzes Leben. Außerdem kommen Jo und Lily sich näher, doch diese Verbindung ist zu dieser Zeit undenkbar.

Meinung:

Die Geschichte wird uns aus vielen verschiedenen Perspektiven erzählt. Hauptsächlich von Lily, Jo und Familie Karsten. Es kommen aber auch Menschen aus dem Gängeviertel zu Wort oder Angestellte, Freunde und Konkurrenten der Familie. Diese Erzählweise hat mir wahnsinnig gut gefallen, so bekommen wir ein komplexes Bild zur Geschichte.

Die Autorin lässt sich Zeit die Story in Ruhe aufzubauen. Das alte Hamburg wird lebendig, viele Figuren werden näher beleuchtet, wir lernen sie besser kennen und man kann ihre Verhaltensweise besser nachvollziehen, sie wirken auf mich vollkommen authentisch und greifbar. Ich habe mit ihnen mitgefiebert und es kam mir so vor als wäre ich wirklich an ihrer Seite. Ich konnte voll in die Geschichte eintauchen.

Es werden extrem spannende Themen angesprochen, die die Seiten nur so dahinfliegen lassen. Es geht unter anderem um die ungerechte Bezahlung und Ausbeutung von Arbeitern, es gab kaum Sicherheit am Arbeitsplatz und dazu wurde man im Krankheitsfall einfach gekündigt. Außerdem herrschen katastrophale Wohnverhältnisse, schlechte medizinische Versorgung in diesen Vierteln, miserable hygienische Bedingungen und vor allem gibt es nicht ausreichend genug Essen. Am erschreckendsten fand ich die Vorstellung, dass es selbst beim „arm sein“ noch extreme Unterschiede gibt. Es gibt immer jemanden, der noch schlechter dran ist.

Aus der heutigen Sicht und vor dem Hintergrund der eigenen privilegierten Situation kann man sich das gar nicht mehr vorstellen. Damals durften Frauen nicht studieren. Ihre Gehirne galten als kleiner und nicht in der Lage dazu komplexe Aufgaben zu bewältigen. Arbeiten war für Frauen aus dem Bürgertum verpönt und Frauen aus der Arbeiterklasse wurden mit einem Hungerlohn abgespeist, obwohl sie häufig die gleiche Arbeit machten wie die Männer. Frauen durften auch nicht wählen und ihr Leben wurde erst von ihrem Vater, später von ihrem Mann bestimmt.

Fazit: Dieses Buch ist ein echtes Highlight und jeder, der gerne historische Familiengeschichten liest, wird dieses Buch lieben. Der Roman verknüpft extrem spannend verschiedene Themen und Missstände dieser Zeit mit einer süßen und unkonventionellen Liebesgeschichte. Daher gibt es von mir volle 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.