Rezension

Ein spannender Krimi, der aber nicht ganz an "Tannöd" heranreichen kann

Finsterau - Andrea Maria Schenkel

Finsterau
von Andrea Maria Schenkel

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt: Finsterau, 1944. Eigentlich wollte Afra dem strenggläubigen Druck ihres Elternhauses entfliehen. Doch nun muss sie mittellos nach Finsterau zurückkehren: Ihre Stelle als Magd hat sie verloren, da sie unverheiratet schwanger ist. Besonders für ihren katholischen Vater, der die Schwangerschaft als Sünde ansieht, ist Afras Kind ein beständiger Zankapfel, was drastische Konsequenzen mit sich zieht…

Persönliche Meinung: „Finsterau“ ist ein Kriminalroman von Andrea Maria Schenkel. Inhaltlich dreht sich der Krimi um einen Mordfall, der Jahre später wieder aufgerollt wird. Vieles erinnert hier an „Tannöd“, dem Krimi-Debüt von Schenkel. Wie schon „Tannöd“ spielt auch „Finsterau“ im bäuerlichen Milieu des Nachkrieg-Bayerns. Dementsprechend wird sprachlich erneut stellenweise ein süddeutscher Dialekt benutzt. Auch erzähltechnisch ähneln sich „Tannöd“ und „Finsterau“: Abermals wird die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven, auf verschiedenen Zeitebenen und in mehreren Handlungssträngen erzählt, wobei Schenkel die Technik der literarischen Montage benutzt. Neben Episoden, die von unterschiedlichen personalen Erzählern erzählt werden (Handlungsstrang: Mordfall), stehen in Ich-Form berichtete Zeugenaussagen (Handlungsstrang: spätere Revision des gefällten Urteils). Zuletzt basiert auch „Finsterau“ auf einem historischen Kriminalfall – wenngleich dieser nicht so prominent und mysteriös wie „Tannöds“ Hinterkaifeck ist. Insgesamt hat Andrea Maria Schenkel in „Finsterau“ also die Erfolgsformel von „Tannöd“ erneut umgesetzt. Dies ist auch weitestgehend sehr gut gelungen: „Finsterau“ ist spannend, vertrackt montiert und durch einen nüchtern-präzisen Erzählstil beklemmend. Interessant ist auch, dass „Finsterau“ die Fallstricke des Indizienprozesses aufzeigt, indem es sich mit der Fehlinterpretation – scheinbar – eindeutiger Indizien beschäftigt. Allerdings steht „Finsterau“ für mich eher im Schatten von Schenkels großartigem Debüt. „Tannöd“ ist noch eine Spur verzwickter, reizt die Montagetechnik und das Spiel mit den Erzählinstanzen stärker aus und besitzt ein überraschenderes Ende. Auch gelingt es Schenkel in „Tannöd“ besser, den von Enge geprägten dörflichen Mikrokosmos einzufangen. Insgesamt ist „Finsterau“ ein solider, kurzweiliger Kriminalroman mit einer beklemmenden Atmosphäre, der allerdings nicht ganz an „Tannöd“ heranreichen kann.