Rezension

Eine Reise in die Vergangenheit

Wodka mit Grasgeschmack -

Wodka mit Grasgeschmack
von Markus Mittmann

Der Autor Markus Mittmann, erzählt in seinem neuen Roman „Wodka mit Grasgeschmack“ die Geschichte über zwei erwachsene Söhne, die sich mit ihren Eltern auf die Reise nach Polen, an jene Orte, die die Eltern noch immer „Heimat“ nennen, machen.

Inhalt:
Ein VW-Beetle, die Autobahn Richtung Osten, eine Reise zu viert, eine Familie. Erstmals seit ihrer Vertreibung wagen sich die Eltern in die Dörfer ihrer Kindheit, die Söhne dagegen in eine geheimnisvolle Welt, ein Gespinst aus Erzählungen und Vorstellungen. Die Spurensuche an Orten und in verdrängten Erlebnissen beginnt. Ob in der Enge des Autos oder bei Schweinebauch und Kraut, immer erkennbarer wird das Erinnern zum Verstehen und die Fahrt zu einer Suche nach Grenzlinien, die nur auf dieser Entdeckungsreise überschritten werden können, jetzt und nur noch ein einziges Mal. Oder nie! Eindringlich, bildhaft und voller Leben, in mitreißenden Gegensätzen, gewürzt mit entlarvendem Humor erzählt Markus Mittmann eine Geschichte von heute, wirft dabei die unausweichliche Macht der Vergangenheit mit der Gegenwart und Zukunft in einen Topf und rührt kräftig um. Eine Geschichte, die bewegt, weil sie so tief in uns verwurzelt ist.

Meine Meinung:
In diesem Generations- und Familienroman geht es um die Auswirkungen, die das Schweigen der Eltern auf ihre Nachkommen hat. Der Autor selbst, ist in einer Familie aufgewachsen, die fast ausschließlich aus Kriegsvertriebenen bestand und kennt aus persönlichen Erfahrungen, dass erst das Erinnern zum Verstehen wird.

Zuerst bleibt im Dunkeln, wer der Ich-Erzähler ist, der aber geschickt und mit feinem Humor über die stickige Enge im VW-Beetle in Richtung Osten erzählt und damit beginnt das Abenteuer ...
Die Eltern fahren nach Hause, sagen sie, zum ersten Mal seit ihrer Kindheit; die beiden Söhne fahren nach Polen, in eine geheimnisvolle Welt aus Erzählungen und Vorstellungen. Die Eltern wurden 1946 aus Schlesien vertrieben und je näher sie ihrem Ziel kommen, umso mehr Schmerzen, Wut und Enttäuschung, packt sie. Es wird eine Reise, die Wunden aufzureißen scheint, die eh nur grob verheilt waren.

Von Mutter und Vater stehen noch die Elternhäuser aus denen sie vertrieben wurden und die damals neuen Bewohner, selbst Vertriebene, leben heute noch dort. Die Erinnerungen kehren immer stärker zurück und die Mutter bricht ihr Schweigen, obwohl sie nie Einzelheiten über die Vertreibung erzählt hatte. Die Nächte vor dem Abtransport im Keller einer ausgebombten Feuerwehrschule, das Lächeln auf einem Foto, ein Sommergewitter ...

In Deutschland angekommen, sind sie zunächst nicht willkommen und der ständige Wechsel zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, lässt sie Schweigen.

Nach der Reise drängt sich vieles in den Vordergrund, auch die Familienfeiern von damals. Ein typisches Kindheitserlebnis des Ich-Erzählers waren diese fragwürdigen Zusammenkünfte, die schon nach den ersten Schnäpsen das Unterste nach oben kehrten …

Fazit:
Dem Autor ist es mit seiner authentischen Geschichte, die in die Tiefe geht und seinem flüssigen Schreibstil gelungen, mich für seinen Generations- und Familienroman, der geschickt mit den Erinnerungen an die Vergangenheit verknüpft ist, zu überzeugen. Schade finde ich nur, dass viel zu wenig über die Söhne, ausgesagt wurde.
Von mir 5 Sterne!