Rezension

Elvis bringt die Dinge ins Lot

Frühstück mit Elvis -

Frühstück mit Elvis
von S. Sagenroth

Bewertet mit 5 Sternen

Märchenhafte Kriminalgeschichte, so bezaubernd wie anrührend, über einen entsorgten Kater, der sich auf die Suche nach seinem Frauchen macht und auf dem Weg noch schnell ein Verbrechen aufklärt.

Er ist in die Jahre gekommen, der schwarze Kater Elvis, dessen Name nicht von ungefähr kommt. Und mit ihm Klärchen, sein Frauchen. Beide haben sich längst komfortabel miteinander eingerichtet, die Tage laufen wie ein Uhrwerk ab und es scheint nichts in ihrem Leben zu geben, was sie vermissen. Veränderungen? Weder Elvis noch Klärchen brauchen so etwas.

Eines Tages jedoch wird Elvis' Leben gründlich auf den Kopf gestellt, denn das reiselustige Klärchen kommt von einem ihrer Ausflüge nicht mehr zurück! Elvis beobachtet verwirrt und mit einer guten Portion Unverständnis, wie Klärchens Besitztümer in Kisten und Kästen verschwinden und allmählich die Wohnung leergeräumt wird. Das Schlimmste aber steht dem feinfühligen und dem katzenliebenden Leser direkt ins Herz gesprungenen Kater noch bevor: man packt ihn in den Transportkorb, der ihn sonst nur zum Tierarzt befördert und den er herzlich verabscheut und bringt ihn ins Tierheim! Ohne jede Erklärung, herzlos und ganz so, als wäre er ein Gegenstand, den es zu entsorgen gilt. Das Ende, so denkt er sich, ein Entkommen ist unmöglich. Doch will er sich weder eingewöhnen noch gar sein Klärchen vergessen. Und so wächst in ihm das überwältigende Verlangen, aus seinem Gefängnis zu fliehen und sich auf die Suche nach dem schmerzlich vermissten Frauchen zu machen. Kein leichtes Unterfangen, aber mit Hilfe von Oskar, einem alten Haudegen mit roten Fell und tüchtig vom Leben gezeichnet, der längst jegliche Hoffnung auf ein Leben außerhalb des Tierheims aufgegeben hat, gelingt ihm die sehr abenteuerliche Flucht und er, ursprünglich in Mainz beheimatet, landet mitten in Koblenz, dem Handlungsort des Katzenkrimis, an dem sich irgendwo, so weiß er inzwischen, Klärchen aufhält.

Und nun beginnt in der Tat ein spannender Krimi, in dem plötzlich Elvis' Prioritäten ein wenig verschoben werden, denn er erfährt durch Zufall, dass es da einige Rätsel aufzuklären gibt, ein echter Mord sogar, wenn die Menschen, denen er während der Flucht sein Gehör schenkt – Katzen sind, wie jeder Katzenfreund weiß, die allerbesten Zuhörer! -, recht haben.

Wie oder ob überhaupt es ihm, mit tatkräftiger Hilfe der zahlreichen Mitglieder der Koblenzer Katzencommunity, zu der er schnell Kontakt findet, gelingt, all die Rätsel, die sich vor ihm auftun zu lösen, Klärchen zu finden und überhaupt all den traurigen, einsamen, vom Leben vergessenen, entsorgten oder abgeurteilten menschlichen Protagonisten, die er unterwegs kennenlernt und deren Alltag er erhellt für die kurze Zeit, die er dazu nutzt, ihnen zuzuhören, zu einer neuen Perspektive, gar zu Sonnenstrahlen in ihrem Leben zu verhelfen, soll an dieser Stelle natürlich nicht preisgegeben werden! Eines aber ist gewiss: diejenigen unter den Lesern, die ihren Weg zu Elvis und seiner Odyssee gefunden haben, werden das Buch mit Freude und Anteilnahme lesen und gar nicht mehr aus der Hand legen können.

Während der Lektüre stellte sich mir mehrfach die Frage, ob Elvis' märchenhafte Geschichte etwas ist, das ausschließlich Katzenbesitzer beziehungsweise solche, die Katzen lieben, anspricht. Eine schlüssige Antwort habe ich nicht gefunden. Doch, so dünkt es mir, Menschen mit feinen Antennen, so wie sie eben den liebenswürdigen Samtpfoten zu eigen sind, Menschen mit Liebe zu Märchen und gleichzeitig einer Vorliebe für spannend und schlüssig und mitreißend erzählte Geschichten können sich dem, was S. Sagenroth so einfühlsam erzählt, kaum entziehen. Die Katzen selbst – und neben dem wagemutigen und schlauen, gleichzeitig schüchternen 'King Elvis' gibt es eine ganze Reihe davon, allen voran eine streunende Katzenschönheit namens Chloe, von der Elvis auf den ersten Blick verzaubert ist – sind Sympathieträger erster Güte und mit Eigenschaften ausgestattet, die so manchem, angeblich vernunftbegabten Menschen gut zu Gesicht stehen würden: Geduld, bedingungslose Treue und Liebe sowieso, Gespür für Freud und Leid des anderen und mit einer Empathie gesegnet, die es ihnen ermöglicht, ihrem ganz eigenen Menschen den Himmel auf Erden zu bereiten! Sie haben entsprechend viel zu tun in diesem Katzenkrimi, der durchaus dieses Prädikat verdient, spielt er denn vor ernstem Hintergrund. Und sie haben den bereits erwähnten Underdogs viel zu geben, was sie schließlich auch mit Hingabe und auf ihre ganz eigene pfiffige Art tun.

Großes Lob am Ende für die Autorin, die es nicht nur versteht, sich in Katzenseelen einzufühlen, den Katzen eine Stimme zu verleihen, von der ich, Katzenfreundin zeitlebens, immer gemutmaßt habe, dass sie genau so und nicht anders reden würden, könnte man denn ihre Art, sich auszudrücken, verbalisieren. Ein weiteres Lob für die wertschätzende, kluge Erzählweise, aber genauso für die sensible, unaufdringliche Art, auf Missstände zwar aufmerksam zu machen, aber niemals zu verurteilen - Einsamkeit, Fremdenhass und die unter dem arglosen Begriff 'Altersheim' oder gar 'Pflegeheim' camouflierten Abschiebeanstalten für Menschen, die nicht mehr zum Bruttosozialprodukt beitragen können und daher nutz- und wertlos sind.Vor genau dieser Kulisse und am Beispiel einer Handvoll Menschen, die unbeachtet ihr trauriges Leben fristen, lässt die Autorin ihre handfeste und wirklich spannende Geschichte sich logisch entwickeln – und herausgekommen ist eine bewegende, zu Herzen gehende, in der Tat wunderschöne Erzählung, deren Happy End niemanden verwundern oder gar irritieren sollte. Denn wie war das mit den Märchen? Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende... Und genau so soll es denn auch sein!