Rezension

Emotional mit wichtigen Themen, aber auch humorvoll und unterhaltsam

Late Night -

Late Night
von Nora Welling

Bewertet mit 4 Sternen

Louisa hat einen großen Traum – eine von ihr entwickelte App für Autisten zu vermarkten und so dieser Personengruppe zu helfen, Emotionen besser erkennen und einordnen zu können. In der TV-Show Unter Haien bietet sich ihr die Möglichkeit dazu, denn Investor Ruben bietet ihr seine Unterstützung und sogar einen Platz in seinem Crowd-Working-Centrum an. Ihr Traum scheint wahr zu werden. Von Ruben fühlt sich angezogen, doch kann sie ihren Traum wirklich für eine Schwärmerei oder sogar eine mögliche Beziehung zu ihm aufgeben?

Dadurch, dass diese Geschichte in Deutschland spielt, wirken die beschriebenen Geschehnisse nicht so weit weg, sondern realitätsnah, sodass alles etwas authentischer und glaubwürdiger wirkt.

Es wurden viele atmosphärische Handlungsplätze geschaffen, beispielsweise die BrainBubble, dem Gründerzentrum, in dem Ruben und später auch Louisa arbeiten. Diesen Ort kann man sich durch die vielen Beschreibungen beim Lesen sehr gut vorstellen und würde sich am liebsten selber einmal dort umsehen und dort Zeit zu verbringen. Ebenso verhält es sich mit Louisas Wohnung, die gemütlich wirkt und ihren ganz eigenen Charme versprüht.

Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Louisa und Ruben, sodass wir als Leser beide einen guten Einblick in die Gedanken der beiden Protagonisten erhalten und erkennen, dass sie unter ihrer Oberfläche ganz anders denken und fühlen, als sie es nach außen hin vermitteln. Insbesondere bei Ruben ist das vorteilhaft, da er so nicht als gefühlskalter Milliardär rüberkommt, sondern man seine feinfühligen und weichen Seiten sieht und ihn so schnell zu mögen lernt.

Gut gefallen hat mir, dass hier mit typischen Klischees gebrochen wurde. Gesellschaftlich weit verbreitete Denkmuster wurden widerlegt und gezeigt, dass Menschen, deren Verhalten und Gedanken in der Realität nicht so einfach zu klassifizieren und in Schubladen zu stecken sind. Es sind nicht immer die Männer, die in der IT-Branche Durchbrüche haben, es sind nicht immer die Frauen, die unter großer Belastung zu verzweifeln drohen und mit ihrer Psyche zu kämpfen haben und erfolgreiche Geschäftsmänner sind auch nicht immer selbstbewusst, kühl, abweisend, glücklich und sorgenfrei.

Es werden ernste Themen aufgegriffen, die nicht zur Unterhaltung oder zum Aufbau von Drama und Spannung dienen, sondern deren ernste Auswirkungen betont werden. Damit kann die Geschichte ein Stück weit sensibilisieren und neue Impulse in Form von Denkanstößen geben. Zugleich wird vermittelt, dass es in Ordnung ist, nicht perfekt zu sein und sich Hilfe zu holen, und dass dies keine Zeichen von Schwäche sind. Es wird zwischen den Zeilen dargestellt, dass unser eigenes Wohlbefinden und unser Selbstbild viel wichtiger sein sollten als die Meinung anderer über uns. Dies mag wie Kalenderweisheiten wirken, aber dieses Buch hat es geschafft, diese Aussagen mit Leben zu füllen und dies gut zu verdeutlichen.

Insgesamt ist es eine schöne Geschichte mit wichtigen Themen, emotionalen Szenen und interessanten, sensibilisierenden Einblicken.